Schön, dass Du vorbei schaust...

Hallo und herzlich Willkommen in meiner Welt!
Hier schreibe ich über die Dinge, die ich so erlebe, Lustiges, Kurioses, Ärgerliches... Über all das, was jedem von uns jeden Tag im Alltag widerfährt und wo man vielleicht denkt, wieso schreibt da eigentlich nicht mal einer drüber?
Was ich schreibe, kann man gut finden, muss man aber nicht. Kann man kommentieren, muss man aber nicht. Frei nach dem Motto: Alles geht, nichts muss.

In diesem Sinne: viel Spaß!
Deine Violet

Sonntag, 14. August 2011

Warum?

Manchmal sitze ich so da und dann gehen mir viele Fragen durch den Kopf. Nicht so sehr nach dem Sinn des Lebens, mehr so Fragen wie diese hier:

Warum muss es Remakes von Filmen wie Dirty Dancing und Footloose geben? Warum muss es zweite Teile von Filmen geben, wo einer eigentlich schon völlig gereicht hat?

Warum müssen alle guten Songs aus den 80er Jahren bis zur Unkenntlichkeit gecovert und gesampelt werden?

Warum werden gute Serien im Fernsehen einfach abgesetzt und der Schrott läuft bis in die Unendlichkeit weiter?

Warum laufen gute Fernseh-Formate, in denen es ausnahmsweise mal um was anderes geht als um das Leben und die Probleme der Hartz 4-Empfänger-Familie von nebenan (Mist, meine Prepaid-Karte ist schon wieder alle und die Kippen auch) immer zu Zeiten, wo jeder normale Mensch bereits schläft?

Warum gibt es von Autos wie einem Volvo oder einem Golf / Polo immer auch eine völlig sinnlose Country-Version? Und warum werden die meisten SUV’s und Geländewagen von Hausfrauen in Kleinstädten gefahren?

Warum funktioniert bei Luxuslimousinen wie Mercedes, Audi oder BMW nie der Blinker (zumindest habe ich noch nie einen Wagen dieser Marke beim Spurwechsel oder Abbiegen blinken sehen)?

Warum fahren Leute wie die Idioten, sobald sie die Grenze ihrer Heimatstadt überschritten haben?

Warum kapieren die meisten Autofahrer das Reissverschluss-Prinzip nicht, ebenso wenig wie den Sinn und Zweck eines Zebrastreifens?

Warum hat der Bus immer dann Verspätung, wenn man selbst spät dran ist, in vermeintlich letzter Sekunde an der Haltestelle angehechelt kommt und es sowieso eilig hat?

Warum regnet es immer am Wochenende und pünktlich am Montagmorgen scheint die Sonne?

Warum kommen aus den Geldautomaten immer nur 50€-Scheine, mit denen man dann in den nächsten Laden muss, in dem einen garantiert die Kassiererin böse anguckt und barsch „Kleiner hamses nich?“ fragt?

So viele Fragen… Sollte irgendjemand eine Antwort haben, immer her damit!

Mittwoch, 22. Juni 2011

Der härteste Job der Welt

Ich habe den härtesten Job der Welt. Ach, werden regelmäßige D-MAX-Seher jetzt sagen, Du bist Fischer in der Behringsee?
Nein. Ich bin Mutter eines Kleinkindes und dagegen ist so’n bißchen angeln in der Behringsee echt Kinderfasching.

Ich schlafe nicht mehr gut, seit ich im 6. Monat war. Das liegt mittlerweile nur noch bedingt an meinem Kind, das eigentlich meistens durchschläft. Aber ich bin durch die Mutterschaft so programmiert, dass ich vom leisesten Seufzer wach werde, sofort voll da bin und dann für Stunden nicht mehr einschlafen kann. Nicht die beste Voraussetzung, um dem Alltag mit einem Kleinkind zu begegnen.

Vormittags versuche ich in der Regel zu arbeiten. Gelingt natürlich nur dann, wenn mein Kind aus dem Virenmutterschiff (im allgemeinen Sprachgebrauch auch Kita genannt) grad mal keinen neuen, mutierten Virus mitgebracht hat. Ansonsten bin ich dann erst mal Krankenschwester und Entertainerin.

Normalerweise beginnt mein Job als Animateuse aber erst am Nachmittag, wenn das Kind aus Kita kommt. Zwischenzeitlich habe ich mir dann noch mit Chauffeurdiensten die Zeit vertrieben, denn die Kita ist am anderen Ende der Stadt.

Kind ist also wieder daheim und Mutti muss sich ein tolles Spaßprogramm überlegen, denn alleine im Kinderzimmer zu sitzen und mal ein Bilderbuch anzuschauen oder mit den eine Milliarden Autos oder Legosteinen zu spielen, ist einfach zu öde.
Und wehe, das Unterhaltungsprogramm entspricht nicht den Vorstellungen meines kleinen Despoten. Ha, dann kann er aber sehr ungemütlich werden, ebenso, wie wenn die nachmittäglichen Snacks nicht seinen Geschmack treffen.

An einem relativ guten Nachmittag scheint die Sonne und wir treffen Freunde mit Kindern im Alter meines Sohnes. An schlechten Nachmittagen (so wie heute) hat mein Kind nicht ausgeschlafen und es regnet junge Hunde. Diese Nachmittage enden in der Regel in Tränen (von mir, nicht von meinem Sohn).

Nächste Herausforderung ist dann das Abendessen. Auch hier lauert eine Vielzahl von Tretmienen, in die ich trotz einiger Routine und Übung doch immer wieder hinein tappe: das falsche Brot, die falsche Wurst, überhaupt, das falsche Lebensmittelangebot (Stulle statt Nudeln). Hätte ich im Job jemals einen so launenhaften, pingeligen, anspruchsvollen Chef gehabt, ich hätte vermutlich fristlos gekündigt.

Irgendwann kommt dann der Kindsvater nach Hause, übernimmt den kleinen Prinzen und ich habe tatsächlich Schichtende. Wohl bemerkt, Schichtende, nicht Feierabend. Denn nun gilt es, dass zu erledigen, was tagsüber liegen geblieben ist: Wäsche, Geschirr, schmutzige Badezimmer und derlei kurzweilige Dinge mehr. Und wenn ich dann noch geistige Kapazitäten frei habe, arbeite ich noch ein bisschen was.

Sprich, ich habe gar nicht nur einen Job, ich habe drei. Morgens bin ich Beraterin und Coach, nachmittags Mutter und Animateuse und abends Hausfrau. Bleibt die Frage, wann ich mal ich bin…

Freitag, 10. Juni 2011

Die Trotzphase – mittendrin statt nur dabei

Mein Sohn ist jetzt zwei Jahre und drei Monate alt und wir befinden uns mitten in der Hölle, die von Erziehungswissenschaftlern gemeinhin als Trotzphase bezeichnet wird.
Das Kind entdeckt seinen eigenen Willen und sich selbst als eigenständige Person und bemerkt, dass es durchaus andere Dinge will bzw. nicht will als seine Erziehungsberechtigen.

Das ist schön, nein, wirklich, das ist echt toll. Die Kinder sprechen jetzt schon ganz ordentlich und man sieht, wie sie langsam zu kleinen Persönlichkeiten werden. DAS IST WIRKLICH TOLL!!!

Nicht so toll sind die Begleiterscheinungen der Trotzphase. Das Lieblingswort meines Sohnes ist derzeit „Nein“ und sein Lieblingsspiel heißt „Ignorieren, was Mama sagt“.
Gleichzeitig möchte er sich aber am liebsten an meinen Oberschenkel tackern und weigert sich derzeit strikt mit jemand anderem als mit mir zusammen zu sein. Das bedeutet, ich komme tagtäglich in den vollen Genuss seiner Bestrebungen nach Eigenständigkeit.

Wegen allem und nichts bekommt er wahlweise Wut- bzw. hysterische Anfälle, in deren Zuge er alle erreichbaren Gegenstände durch die Gegend wirft.
Ich komme mir manchmal schon vor wie die Sekretärin eines cholerischen Chefs, die morgens einen zaghaften Blick auf ihren Vorgesetzten wirft, um seine Laune abzuschätzen.
Wobei das eigentlich sinnlos ist, denn selbst wenn mein Sohn morgens noch gut drauf ist, so endet dies spätestens dann, wenn ich irgendetwas Unsägliches von ihm will, z.B. ihn wickeln, anziehen und seine Zähne putzen und dies, wo er doch eigentlich gerade mit seinen Autos spielt oder versucht, das Runde durch’s Eckige zu würgen (was nicht klappt und in Regel einen neuerlichen Wutausbruch zur Folge hat…).

Natürlich weiß ich, dass dies zum Großwerden eines Kindes dazu gehört und vermutlich nur eine vereinfachte Vorübung für die Pubertät ist. Und ich übe mich wirklich in Geduld, ertrage zornbedingtes Kneifen, Hauen und Beißen. Aber ich muss ehrlich gestehen, dass ich derzeit drei Kreuze mache, wenn er irgendwann gegen 20 Uhr im Bett liegt und selig schlummert.

Mittwoch, 8. Juni 2011

Von der Schwierigkeit, ein besserer Mensch zu sein

Der beste aller Ehemänner hat gestern ein Interview mit Hannes Jänicke gehört.
Hannes Jänicke kennen Sie nicht? Ist ein relativ attraktiver Schauspieler mit regelmäßigen Fernsehauftritten.

Hannes Jänicke hat nun in diesem Interview völlig zurecht angeprangert, dass PET-Flaschen eine riesen Umweltsauerei sind, da sie nach Rückgabe nur gehäckselt und verbrannt werden. Pfui de bäh, sind nur einmal nützlich und verpesten dann die Luft. Keine Frage, ich stimme Hannes Jänicke vorbehaltlos zu.

Und wie es sich für einen lösungsorientierten umweltbewussten Menschen gehört, hat Hannes Jänicke nicht nur angeprangert, sondern hatte auch eine Lösung parat und zwar diese Soda Stream-Geräte, die es auf dem Markt gibt und die aus einfachem Leitungswasser im Nu herrlich sprudelndes Mineralwasser zaubern. Großartige Lösung, fand auch der beste aller Ehemänner.

Nun ist es aber ja mit dem Leitungswasser ortsbezogen so eine Sache. Hier in Hamburg ist ordentlich Kalk drin (da hilft selbst Calgon nur bedingt und wir alle kämpfen mit dem gemeingefährlichen Lochfraß) und auch sonst weiß man nicht so genau, was da alles so drin rum diffundiert. Also hat man irgendwie ein besseres Gefühl, wenn man das Wasser vor der Zugabe von Kohlensäure im Soda Stream schnell noch durch einen handelsüblichen Wasserfilter rauschen läßt.

Sprich, ich habe also noch zwei Geräte mehr in der Küche. Dies ist für Hannes Jänicke kein Problem, denn ich vermute mal, dass er über eine außerordentlich geräumige Küche mit vielen, vielen Schränken und einer Menge Stauraum verfügt. Vielleicht sogar mit einer Abstellkammer...

Ganz im Gegensatz zu mir. Ich verfüge über eine Küche Marke "schmaler Schlauch", in der sich nur dann zu mehreren aufhalten kann, wenn man nicht klaustrophobisch veranlagt ist und die schrankmäßig auch eher bescheiden ausgestattet ist.
Größere Kochprojekte und neue Küchengeräte werden hier schnell zu organisatorischen und logistischen Herausforderungen. Der Kauf eines neuen Waffeleisens neulich ließ mich kurzfristig über Umzug nachdenken...

Natürlich wäre ich gerne, wie alle vermutlich, ein besserer Mensch. Einer, der wenig Ressourcen verbraucht und am besten gar keine verschwendet. Einer, der sein Getreide für Brot und Müsli selbst in seiner Getreidemühle mahlt und dann mit gefiltertem Leitungswasser im Brotbackautotmat zu köstlichem Brot verarbeitet. Einer, der seine Wäsche niemals im Trockner trocknet sondern immer nur draußen oder in der Wohnung (ist ja auch viel besser für's Raumklima).

Ja, so ein Mensch wäre ich gerne. Ich bräuchte dazu nur die geräumige Küche von Hannes Jänicke und seine Haushaltshilfe, denn neben Arbeit und Kinderbespaßung habe ich für das zeitraubende Wäscheaufhängen manchmal einfach keine freie Kapazität mehr.

Samstag, 28. Mai 2011

Manchmal muss es eben Kitsch sein…

Meine Fernsehzeitung gibt mir immer Tipps, was es sich im Fernsehen anzusehen lohnt. Mit Daumen rauf, Daumen in der Mitte und Daumen runter sowie aussagekräftigen Kommentaren bekomme ich Empfehlungen, wie ich meine Freizeit optimal verbringen kann.

Neulich habe ich mir einen Film angesehen, der von meiner Fernsehzeitung die Bewertung „Daumen in der Mitte“ bekam und den Kommentar „Bietet wenig Überraschungen“.
Der Film war entspannend, nett und kurzweilig. Und da frage ich mich, ist es denn wirklich so schlimm, wenn ein Unterhaltungsfilm mal total vorhersehbar ist? Wenn es sich um eine Liebesgeschichte handelt, mit ein paar Komplikationen und am Ende kriegen sie sich?

Ich finde nicht. Ich finde, es muss nicht immer die hochanspruchsvolle Literaturverfilmung , der psychologisch ausgefeilte Krimi sein (bei dem ich in der Regel irgendwann den Faden verliere, weil ich meistens gegen halb neun so müde bin, dass es grad noch für eine Folge Denver-Clan reicht…) oder die auf Tatsachen beruhende dramatische Sozialstudie sein.
Um acht Uhr Abends bekommt man auf den öffentlich-rechtlichen Programmen jeden Tag genügend äußert ernste Meldungen aus Afghanistan, Lybien und Japan geliefert, da darf es in meinen Augen um viertel nach acht dann auch gerne mal was Seichtes sein.

Warum schauen sich denn Millionen von Menschen die Hochzeit zwischen einer britischen Bürgerlichen (wenn auch Millionärstochter) und dem britischen Kronprinzen an? Warum zerdrücken die Menschen eine Träne, wenn ein ehemaliger Fitness-Trainer (ebenfalls bürgerlich, klar…) der schwedischen Kronprinzessin vor zig königlichen Gästen und vielen Kameras sagt, dass er sie liebt? Und wie kam es zu den gewaltigen Einschaltquoten am Sonntag gegen 19 Uhr, wenn ein smarter junger Mann 60 Minuten lang beweist, dass nur die Liebe zählt?

Weil man das ab und zu braucht! Ab und zu braucht man die Tatsache, dass die Bürgerliche den Prinzen bekommt und mit ihm glücklich wird, ab und zu möchte man Geschichten von Menschen hören, die sich miteinder durch eine schwierige Zeit gekämpft haben und dabei zusammen gewachsen sind und nicht mittlerweile getrennte Wege gehen. Ab und zu braucht man mal für eine Stunde, einen Abend oder einen Tag Romantik, heile Welt, Kitsch. Dann erträgt man auch wieder die wenig erbaulichen Nachrichten aus Syrien, dem Libanon und diversen schwarz-afrikanischen Staaten.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Wenn ich kein Kind hätte...

Wenn ich kein Kind hätte, hätte ich meinen alten Job noch, wäre erfolgreich und würde einen Haufen Geld verdienen.

Wenn ich kein Kind hätte, könnte ich jeden Abend ausgehen, mit meinem Liebsten oder auch allein, bis in die Puppen wegbleiben und am nächsten Morgen ausschlafen.

Wenn ich kein Kind hätte, könnte ich jede Menge Geld für Klamotten, Schuhe und Essen gehen ausgeben und hätte trotzdem noch genug, um was für später zurückzulegen.

Wenn ich kein Kind hätte, könnte ich so wie früher dreimal im Jahr in Urlaub fahren, an exotische Orte und mir dort alles anschauen, was mich interessiert und nicht nur die örtlichen Spielplätze. Ich könnte den ganzen Tag rumgondeln ohne Rücksicht auf kindliche Mittagsruhe oder Gequengel, weil’s grad langweilig ist, würde im Café an der Mole sitzen und einen Cortado trinken. Ich könnte abends schick essen gehen und danach mit einem Glas Wein die Füße in den sonnenwarmen Sand bohren.

Wenn ich kein Kind hätte.

Wenn ich kein Kind hätte, würde ich vermutlich im Schanzenviertel und bei IKEA angesichts der ganzen Schwangeren und Familien mit Kindern die Krise bekommen.

Wenn ich kein Kind hätte, würde ich mein Leben trotz beruflichem Erfolg, tollen Klamotten und Füßen im sonnenwarmen Sand vermutlich leer und bedeutungslos finden und mich abends in den Bars und Clubs fragen, wie lange ich das eigentlich noch machen muss und wie ich einen Hauch von Sinn in mein kümmerliches Leben bekommen soll.

Wenn ich kein Kind hätte, hätte ich mein altes Leben noch – und wäre todunglücklich.

Montag, 23. Mai 2011

Einfach mal die Klappe halten!

Während meines Psychologiestudiums gab es ein geflügeltes Wort, welches man sich immer wieder gerne um die Ohren gehauen hat: Ratschläge sind auch Schläge.
Sprich, auch gut gemeinte Tipps können nicht immer gut ankommen.

Im Moment mache ich gerade die Erfahrung, dass dieses geflügelte Wort irgendwie immer noch Relevanz hat. Wie ich ja schon einmal in einem Posting erwähnte, ist Kindererziehung nicht immer einfach. Der kleine Mensch, der da bei uns wohnt, entwickelt mit zunehmendem Alter auch seine eigene Persönlichkeit (Gott sei Dank!) und hat eigene Vorstellungen und Ziele, die nicht zwingend mit unseren übereinstimmen müssen.

Also kracht es ab und zu gewaltig. Wenn das passiert, fühle ich mich sowieso schon immer mies, erstens, weil ich mich nicht gern streite und zweitens, weil ich leider nicht immer so cool und souverän bin wie ich es gerne wäre (denn schließlich ist mein Konfliktpartner gerade mal zwei Jahre alt…).

Was ich in solchen Situationen dann irgendwie gar nicht brauchen kann, sind die Ratschläge von wohlmeinenden Müttern, Schwiegermüttern, Freundinnen, Spielplatz-Muttis und so weiter und so fort. Mich interessiert in so einem Fall nicht im Geringsten, wie jemand anders gerade meinen Erziehungsstil beurteilt und was er oder sie hier optimalerweise tun würde. Und ich möchte auch nicht wissen, was die Juhls, die Montessoris, die Steiners und die Winterhoffs dieser Welt als Handlungsvorschlag empfehlen würden.

In solchen Situationen hilft es am meisten, wenn sich alle nicht direkt Beteiligten einfach raushalten und hinterher mal einer sagt: „Mach’ Dir nichts draus, ist nicht schlimm, bei uns geht’s auch manchmal so zu.“

Natürlich frage ich um Rat, wenn ich nicht weiter weiß. Aber dann frage ich zum Beispiel die Erzieherinnen in der Kita, denn die kennen mein Kind gut und haben Ahnung von Pädagogik. Und wenn ich frage, kann ich Ratschläge auch gut annehmen. Ich will nur einfach nicht ungefragt „beratschlagt“ werden. Allgemeingültige Ratschläge aus irgendwelchen schlauen Erziehungsbüchern bringen mich nicht weiter, wenn mein kleiner Wutwichtel brüllend auf dem Boden liegt oder mich mit einem Kauknochen verwechselt.

In solchen Situationen denke ich oft an den schönen Spruch von Dieter Nuhr: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Klappe halten.

Sonntag, 1. Mai 2011

Von der mütterlichen Unfähigkeit zu entspannen

Sonntagmorgen, 10 Uhr. Herrlicher Sonnenschein, blauer Himmel, der gemütliche Balkon lädt zum Genuss einer schönen Tasse Kaffee in der Sonne ein.

Mann und Kind verabschieden sich auf den nahegelegenen Spielplatz und werden nicht vor 12 Uhr zurück erwartet.

Mütterliches Durchschnaufen. Jetzt schnell den Kaffee zubereitet… Aber Moment, was müffelt denn da so? Ups, der Müll. Hm, der müsste runter gebracht werden… Ok, erst mal den Kaffeevollautomaten vorheizen, dann flott den Müll runter gebracht, dann Kaffee.

Müllentsorgung vollbracht, wieder oben angekommen, befindet sich die unvorsichtigerweise einige Zeit zuvor voll beladene Waschmaschine im Schleudergang. Na ja, gut, eben noch die Wäsche aufgehängt. Ach ja, und das Bett müsste ja noch gemacht werden, wie sieht denn das sonst aus am heiligen Sonntag!

Ach herrje, die Spülmaschine streikt. Alles voller Schaum, das rote Lämpchen „Zufluss-/Abfluss“ leuchtet. Mist, was ist das denn jetzt? Bisschen sinnlos im Schaum rumgewühlt, bäh, eklig, Maschine schnell wieder zu, soll der Göttergatte mal gucken, wenn er wieder da ist.

Jetzt aber wirklich Kaffee gekocht und dann nix wie raus in die Sonne. Ach, meine Mails könnte ich ja schnell noch checken. Eieiei, Freundin Sabine mailt zum X. ten Mal, immer keine Zeit zum Antworten gefunden, sie klingt jetzt schon etwas angefressen. Gut, Kaffee und Balkon müssen zwecks dringend erforderlicher Sozialkontaktpflege eben noch fünf Minuten warten.

Was ist das denn??? Die Rechnung, die da gerade per Mail vom Mobilfunkanbieter gekommen ist, ist ja viel zu hoch! Was haben die denn wieder verbockt? Ahrggh, Ärger, da rufe ich jetzt aber sofort an, die hamse ja wohl nicht alle.
Düdeldüdeldü, ab in die Warteschleife. Mist, da hätte ich mir ja auch noch schnell einen Kaffee… „Deutsche Telekom mein Name ist Schnippkoweit, was kann ich für Sie tun?“
Problem geschildert, Unmut geäußert, noch mal 20 Minuten gewartet, noch mal mit einem anderen Servicemitarbeiter diskutiert, mit Brief an die BILD-Zeitung gedroht, schließlich eine Gutschrift zugesagt bekommen.

Endlich, fertig. Nun aber der Kaffee und die Sonne… Die Haustür geht, ein fröhliches Kinderlachen ertönt und eine männliche Stimme sagt: „Hallo, da sind wir wieder, wann gibt’s Mittagessen?“

Wieso sind die denn schon zurück, es ist doch erst – Blick auf die Uhr – ach so, schon 12 Uhr…

Großer Seufzer, soviel zum Thema eine schöne Tasse Kaffee in der Sonne auf dem gemütlichen Balkon genießen. Na ja, vielleicht nächsten Sonntag. Wenn’s nicht regnet.

Sonntag, 10. April 2011

Das sind Dinge, von denen ich gar nichts wissen will

Vor ein paar Tagen im Urlaub war ich an einem schönen Strand. Ein bisschen dünig, etwas begrünt, viele geschützte Ecken. Und viele Menschen, die die Gelegenheit ergriffen und sich ihrer gesamten Kleidung entledigt hatten.

Nun ist es ja aber leider so, dass sich zumeist die Menschen mal so spontan ohne alles zeigen, die es sich eigentlich am wenigstens leisten können.
Sprich, der leckere Surfer-Typ, der hier, Surfshorts knapp auf den Hüften sitzend, vorbei schlenderte, machte keinerlei Anstalten, blank zu ziehen. Dafür ließ mich aber der spiddelige Bleichling, Typ Geschichtslehrer, sehr bereitwillig daran teilhaben, an welchen Körperteilen er sich überall einen Sonnenbrand geholt hat.

Ich sah Frauen mit ausladenden Formen wie Gina Lollobridgida, die ungefähr zur selben Zeit, wo diese auf dem Zenit ihrer Karriere war, mal straff waren. Ich sah Männerpopos, die mich an die runzeligen Kartoffeln erinnern, die ich hier abends so gerne mit rotem und grünem Mojo zu meinem frisch gegrillten Fisch esse. Sprich, ich sah Dinge, von denen ich gar nichts wissen will.
Dann guck’ nicht hin, sagte der beste aller Ehemänner. Hmpf, dazu hätte ich an diesem Strand die Augen permanent geschlossen halten müssen, denn sie waren einfach überall, die locker-flockigen Nudisten.

Nicht, dass das jetzt falsch rüber kommt. Ich bin selbst keine 20 mehr, habe aufgrund meiner Leidenschaft für gutes Essen und Gummibärchen ein paar Kilos zuviel auf den Rippen und lerne so langsam zu akzeptieren, dass die Schwerkraft irgendwann siegen wird. Aber dass muss ich doch nicht auf einem Silbertablett vor mir hertragen! Da kann man doch den Mantel der Liebe drüber legen – oder zumindest einen gut geschnittenen Badeanzug.

Aber es zeigt sich jedes Jahr wieder, sobald die Temperaturen in den zweistelligen Bereich steigen, andere sehen das anders. Da kommen Füße an Licht und Luft, die sich lieber schnell wieder in ihre dunklen, wolligen Höhlen zurückziehen sollten und da werden Formen ins vermeintlich rechte Licht gerückt, bei denen man sich wünschen würde, Verpackungskünstler Christo würde mal eben schnell Hand anlegen.

Na ja, jeder so, wie er mag und, um mit Ina Müller zu sprechen, irgendwann geht ja jeder Frühling und Sommer mal vorbei.

Samstag, 19. März 2011

Kinder kriegen ist nicht schwer, sie zu erziehen, leider sehr…

Liest man die gängigen Erziehungsratgeber, steht dort im Grunde immer wieder dasselbe: Setzen Sie Ihrem Kind Grenzen, das braucht es für seine soziale Entwicklung. Seien Sie liebevoll aber bestimmt und haben Sie Geduld und Verständnis für die Gefühle des Kindes.
Man soll versuchen, Trotz- und Wutanfälle zu besänftigen, am Besten mit Worten wie „Hm, jetzt bist Du ganz schön wütend, was? Das verstehe ich gut, aber...“ (und dann folgt, was eben nicht geht oder dass es jetzt keine Kekse gibt und auch keine weitere Folge vom „Kleinen roten Traktor“.)

Leider arbeiten unsere kleinen Trotzköpfe und Wutwichtel aber nicht mit fairen Methoden. Wer einmal erlebt hat, wie sich sein zweijähriges Kind ungeachtet von Ort und anwesendem Publikum wutbrüllend und krebsrot im Gesicht auf den Boden schmeißt und vor lauter Schreien und Heulen schon keine Luft mehr bekommt, wer die pikierten Blicke der anderen Supermarktbesucher / Gäste / Bahnfahrer mitbekommen hat und eventuell von einer 75jährigen Oma schnell noch einen guten Ratschlag erhalten hat, um den kleinen Hysteriker zu beruhigen, der braucht Valium, runtergespült mit Wodka, um ruhig, geduldig sowie liebevoll aber bestimmt zu bleiben und Verständnis für die Gefühle seines Kindes aufzubringen. Ansonsten wird er sich, wie in dem einem Werbespot, analog zu seinem Kind auch auf den Boden werfen und brüllen.

Grenzen ziehen ist wichtig. Gar keine Frage. Aber wenn an meinem Ohr eine Sirene mit der Dezibelzahl eines startenden Düsenjets heult, dann habe ich manchmal schon die Tendenz, einzuknicken und mein Kind eben nur Wurst zum Abendbrot essen zu lassen oder ihm heute die Zähne mal nicht zu putzen. Verwerflich, ich weiß. Weit entfernt von ausgewogener Ernährung und angemessener Körperpflege.

Aber wie gesagt, die Zwerge arbeiten mit unfairen Methoden.

Sonntag, 13. März 2011

Produkte mit unklarer Werbebotschaft

Seit einiger Zeit gibt es ja nun Coca Cola Zero, eine Cola ohne Zucker, die wohl als Pendant zur Coca Cola Light für die Zielgruppe der Kerle entwickelt wurde. Neben der Zuckerfreiheit haben beide Produkte noch die Gemeinsamkeit, derzeit mit Werbekampagnen präsentiert zu werden, die irgendwie eine unklare Botschaft haben.

Coca Cola Light hat ja als Zielgruppe uns Mädels und wollte uns bisher immer mit lecker Kerlsche zum Kauf bewegen. Und auch wenn man wie ich süßstoffhaltige Getränke zum speien findet und eher Salpetersäure pur gegen den Durst trinken würde als auch nur einen einzigen Tropfen CCL, so waren doch die die Jungs mit den nackten Oberkörpern in den Werbespots immer irgendwie ein netter Anblick.

Neuerdings hopsen da aber nun so Marionetten zu dem 80er- Jahre-Brecher „Maniac“ von Michael Sambello durch’s Bild und da frage ich mich doch nun wirklich, was mir das sagen soll. Frauen sind nur Marionetten mit komischen Proportionen (Riesenkopf, dürrer Körper), die Befriedigung aus dem Genuß zuckerfreier Brause ziehen? Und das soll mich dann dazu bewegen, die widerliche Plörre zu kaufen? Hm.

Coca Cola Zero, wie gesagt die CCL-Variante für Männer, hat gerade unter anderem auch eine Plakataktion mit Sprüchen wie „Echter Geschmack und Zero Zucker – warum dann nicht auch ´ne Freundin mit Zero Drama?“ und „…´ne Freundin mit Zero „Wir müssen reden“.

Echte Kerle stehen eben nicht so auf Drama und „Wir müssen reden…“. Aber doch auch nicht auf zuckerfreie Cola! Den meisten Männern ist es doch so was von schnuppe, ob sie Getränke mit zuviel Zucker oder zuviel Prozenten zu sich nehmen und wie viel Fett in ihrer Fertigpizza ist.

Die Männer, die darauf achten, was sie essen und trinken und die sich mit Kalorienzählen und Nährwerttabellen auskennen, haben eher einen Freund als eine Freundin und mit dem vermutlich oftmals mehr Drama als mit jeder Frau.
Also wer soll sich denn da jetzt angesprochen fühlen??

Da lobe ich mir doch die traditionell gebliebende Waschmittelwerbung. Klare Werbebotschaft, klare Zielgruppenansprache: Frauen sprechen verliebt von ihrem Waschpulver und gut is’.
Da weiß man, was man hat. Guten Abend!

Freitag, 11. März 2011

Viren-Ping-Pong

Wir spielen hier bei uns in der Familie seit knapp einem Jahr ein total lustiges Spiel und das heißt Viren-Ping-Pong.

Kennt meines Erachtens jeder mit einem Kita-Kind und die Regeln sind auch ziemlich einfach: einer (meistens das Kita-Kind) bringt einen tollen neuen Virus mit, entweder einen Erkältungsvirus oder gar einen kleinen Grippevirus oder, auch gerne genommen, einen flotten Magen-Darm-Virus.

Der Virus-Einführer fängt an, ihm geht es zuerst mies. Kurz darauf sind dann die anderen Mitspieler (Mama, Papa, Oma, Opa…) dran. Einer nach dem anderen erliegt dem Virus und darf sich mit einer Krankheit ins Bett legen und aussetzen (außer den Mamas, für diese gelten Sonderegeln, sie müssen auch krank einfach weiter-“spielen“).
Irgendwann ist der Virus-Einführer dann wieder fit und dann geht es in die zweite Runde: entweder bekommt er den leicht mutierten Virus von einem der anderen Mitspieler zurück oder er bringt schlicht einen neuen mit und der ganze Spaß geht von vorne los.

Das Spiel kann über unzählige Runden gehen, Spielziel und –Ende ist der totale Zusammenbruch des Immunsystems.

Bei meinem Immunsystem habe ich derzeit den Eindruck, es hat seine Arbeit vollständig niedergelegt und ist in einen unbefristeten Warnstreik getreten, aufgrund von andauernder Arbeitsüberlastung und massig unbezahlten Überstunden. Etwaige Verhandlungen zur Wiederaufnahme der Arbeit scheitern derzeit im Ansatz und es wird über den Einsatz eines Schlichters nachgedacht…

Wir haben unseren Immunsystemen nun einen Kompromissvorschlag unterbreitet, nämlich 12 Tage Regenerationsphase bei 23° Grad und Sonnenschein auf einer Kanareninsel.
Wir hoffen sehr, hierdurch zu einer Einigung zu kommen, ansonsten ist ein Überleben der nächsten Monate fraglich…

Donnerstag, 3. März 2011

Ich bin ein Yoga-Versager…

Neulich abend stand ich zusammen mit ungefähr 30 anderen Leuten in einem ca. 40° Grad warmen, feuchten, dunklen und muffigen Raum und wartete auf den Beginn meiner ersten Bikram-Yoga-Stunde.

Beim Bikram-Yoga oder auch Hot Yoga werden die gleichen Asanas wie bei anderen Yoga-Schulen auch gemacht, nur eben bei hoher Raumtemperatur und einer nicht unerheblichen, schwitzbedingten Luftfeuchtigkeit.
Bikram-Yoga scheint derzeit höchst angesagt, die Studios sprießen wie Pilze aus dem (schweiss-) feuchten Boden und jeder, der was auf sich hält, legt jetzt bei 40° Grad das Bein hinter’s Ohr.

Alle finden’s irgendwie toll, der Göttergatte eingeschlossen. Er war es auch, der mich mit in den Schwitztempel geschleppt hat, da er der Meinung war, es würde mir bestimmt gefallen und ich sollte es unbedingt auch mal probieren. Und schwupps, da stand ich nun.

Vorweg sagte mir die Yoga-Lehrerin (durchtrainiert, braungebrannt, vermutlich strenge Veganerin), mein Ziel in dieser ersten Stunde sei es, den Raum nicht vorzeitig zu verlassen.
Hm, dachte ich, das müsste doch zu schaffen sein . War es auch, aber zum Ende hin wurde es hart, weniger wegen der Hitze als vielmehr wegen des gen null gehenden Sauerstoffgehalts in der nach drei Stunden Bikram-Yoga doch mehr als schweissgetränkten Luft. Ich glaube, solche migräne-artigen Kopfschmerzen hatte ich noch nach keiner durchzechten Nacht…

Kontemplation und Sammlung kann man beim Hot Yoga vergessen, da die Lehrerin (ich würde sie allerdings eher Drill Instructor nennen) 90 Minuten lang ohne Atempause auf ihre willigen Jünger eingeredet hat.

90 Minuten Dauerbeschallung plus Hitze plus schlimmerem Schweissgeruch als Sommers in der U-Bahn können verdammt lang sein. Als ich irgendwann aus dem Raum taumelte und bei einem der angebotenen Bio-Äpfel und einem Glas Minztee wieder zur Besinnung kam, wusste ich nicht, was mich mehr ärgerte: dass hier mal wieder von einem selbst benannten Guru eine neue Yoga-Sau durch’s Dorf getrieben wurde oder dass ich mal wieder der Meinung war, jeden Mist mitmachen zu müssen, obwohl ich eigentlich genau weiß, was mir gut tut.

Was ist eigentlich gegen das gute alte Hatha-Yoga einzuwenden??

Mittwoch, 2. März 2011

Warum kann's nicht perfekt sein?

Mein Leben ist derzeit nicht besonders originell. Eher eine Aneinanderreihung von gleichformigen, ereignislosen, grauen Tagen.

Wäre mein Leben ein Film oder eine Serie, ich hätte schon ab- bzw. weitergeschaltet. Unfassbar öde Handlung, schlecht gelaunte, muffelige, unmotivierte Darsteller, einfallslose Dialoge („Kannst Du in der Mittagspause einkaufen gehen?“ „Ja.“). Wäre vermutlich auch nach der ersten Folge gleich wieder eingestellt worden.

Es mag ja Leute geben, die Routine und Alltag mögen. Die eine gewisse Sicherheit und Stabilität aus immer gleichen Abläufen ziehen. Ich glaube, diese Leute arbeiten auch gerne bei der Telekom.

Es ist ja auch so im Leben, dass nie mal alles so richtig gut ist. Läuft es gut im Job, dann hat man in der Regel Knies mit dem Liebsten oder das Kind ist krank oder man hat Streit mit Freunden oder ist unglücklicher Single, den kein Schwein anruft. Und ist im Privaten mal alles Gold, dann kann man sicher sein, dass die biblischen Plagen im Vergleich zur eigenen Jobsituation Kinderfasching sind.

Und das ist dann wahrscheinlich auch der Grund, warum sich Paare und Familien im Urlaub bis auf's Messer streiten: alle denken, boah, jetzt is' Urlaub, jetzt ist alles knorke, Job weit weg und Liebster da, toll, jetzt ist's perfekt.
Und dann hat der Flieger gleich am Anfang Verspätung und die Unterkunft ist ohne Worte und der Strand ewig weit weg und total überfüllt und nix is' perfekt und im Grunde ist es wie zuhause, nur wärmer.

Aber irgendwie beisst man sich ja doch immer wieder durch und manchmal passieren ja auch schöne Dinge. Nur eben nicht in allen Bereich gleichzeitig...

Samstag, 26. Februar 2011

Von den Unterschieden beim Kinderweinen

Solange man noch keine Kinder hat, ist man der Meinung, Kinderweinen hört sich eigentlich immer gleich an. Und auch am Anfang, wenn der Zwerg gerade auf der Welt ist, ist es noch nicht so einfach, aus dem Heulen herauszuhören, was das Kleine nun gerade möchte.

Mit zunehmender Zeit der Elternschaft stellt man dann aber fest, dass Kinder nicht immer gleich brüllen. Es gibt da durchaus Unterschiede im Weinen und Quengeln.

Zum einen ist da das echte Weinen, welches auch von richtigen Tränen begleitet wird. Das findet meistens statt, wenn sich das Kind irgendwo wehgetan hat und dringend jemand zum pusten braucht. Bei dieser Art von Weinen sollte man auf jeden Fall die Kaffeetasse aus der Hand stellen und schnell nachschauen, was passiert ist. Meistens nichts dramatisches, aber sicher ist sicher.

Dann gibt es noch das jämmerliche Weinen. Diese Art von Weinen tritt auf, wenn das Kind krank ist und ist für Eltern am schwersten zu ertragen. Es ist wirklich ein ganz jämmerliches und leidendes Wehklagen, weil die Ohren weh tun oder der Bauch oder sonst irgendein gesundheitlich hoch unbefriedigender Zustand vorliegt. Pusten hilft hier nicht wirklich weiter, sprich, wenn alle medizinischen Gegenmaßnahmen eingeleitet sind, können Eltern nicht vielmehr machen außer trösten, kuscheln und festhalten.

Und dann gibt es noch das wütende Weinen. Diese Art von Weinen ist eher ein zorniges Gebrüll, welches in der Regel begleitet wird von irgendeinem Krachen, Rumpeln oder Knallen, ausgelöst durch Gegenstände, die im Wutanfall durch die Gegend geschmissen werden. Auslöser für das wütende Weinen ist meistens irgendetwas, was nicht so funktioniert, wie der kleine Wutwichtel es sich gerade vorstellt. Beim wütenden Weinen muss man nicht sofort alles stehen und liegen lassen und rennen, da kann man seinen Kaffee ruhig noch austrinken und dann mal schauen gehen, wo das Runde grad nicht durch’s Eckige passt.
Es sei denn, es ist mehr als ein Kind im Kinderzimmer und auf das zornige Weinen folgt das echte Weinen, dann ist es ratsam, sich gleich auf den Weg zu machen.

Mein Kind ist knapp zwei. Überflüssig zu sagen, welches Weinen bei uns gerade dominiert…

Dienstag, 15. Februar 2011

Der kleine Unterschied

Eine der Hauptpointen bei dem alljährlich an Silvester ausgestrahlten Sketch „Dinner for one“ ist das hartnäckige Stolpern von James, dem Butler, über den Kopf des am Boden liegenden Tigerfells. Nach einigen Stolperern und einigen alkoholischen Getränken schafft er es jedoch einmal, über den Tigerkopf hinweg zu hüpfen.

Daran musste ich neulich abend gerade denken. Mein Sohn hatte in der Küche (Marke langer schmaler Schlauch) mit den Wasserflaschen gespielt und sie dekorativ mitten in den Raum gestellt. Der Göttergatte war nun dort am werkeln und bereitete das Abendessen vor. Und er dachte nicht im Traum daran, die Flaschen aus dem Weg zu räumen. Nein, er ließ sie einfach dort stehen und bewegte sich geschickt an ihnen vorbei. Er stieß sie nicht um, nein, integrierte sie einfach in seine Bewegungsabläufe und den in der Küche zur Verfügung stehenden Platz.
Großes Tennis!

Geradezu lehrbuchartig stellen sich in dieser Situation die Unterschiede zwischen den Geschlechtern dar. Jede Frau würde die Flaschen aus dem Weg räumen. Nicht so der Mann. Ich glaube, das liegt an dem genetisch bedingten blinden Fleck, den Männer haben und der sich auch immer im Bezug auf Wollmäuse (die eigentlich schon Wollhamster, wenn nicht sogar Wollmeerschweinchen sind), Klamottenberge, verpilzte Waschbecken, leere Klorollen, leere Gläser auf dem Tisch, Unmengen von schmutzigem Geschirr in der Spüle, wie verrückt piepende Wäschetrockner, die signalisieren, dass sie fertig sind mit Wäschetrocknen und Socken vor dem Wäschepuff zeigt. Sie sehen es einfach nicht! Oder sie sehen es zwar, aber es dringt nicht in ihr Bewusstsein, dass ein zu verändernder Zustand vorliegt. Ergo, verändern sie auch nichts.

Das ist natürlich einigermaßen frustrierend für uns Frauen, aber sehen wir es doch mal so: es ist eine Art genetische Mutation und sie können nichts dafür. Also müssen wir sie immer wieder darauf hinweisen… Mühsam, ich weiß…
Aber deswegen gibt es ja so Tage wie den Muttertag oder den Valentinstag, wo uns die Männer mal zeigen können, wie froh und dankbar sie sind, uns zu haben! Gell?

Montag, 14. Februar 2011

Nur die Harten komm'n in Garten...

Maria Riesch und ich leiden derzeit vermutlich an der gleichen Plage, einer Virusgrippe mit hohem Fieber.
Das ist für Frau Riesch erst einmal dramatischer als für mich, da ja im Moment die Ski-Weltmeisterschaften in Garmisch-Partenkirchen stattfinden.

Und während ich hier trotz zahlreicher Segnungen der Pharmakologie aus dem letzten Loch pfeife, holt Maria Riesch mal eben zwei Bronzemedaillen. Respekt! Saust mit 40° Fieber diese verteufelt steilen Abhänge runter und das auch noch als Drittschnellste. Ich wäre vermutlich schon in Seilbahn auf dem Weg nach oben verendet.

Und was mich dann am meisten umgehauen hat, war, dass sie bei der Preisverleihung aussah wie’s blühende Leben. Leicht gebräunter Teint, zart rosa Wangen, dezentes Augen-Make-up. Da stellt sich mir natürlich die Frage, ob auf die Mädels, wenn sie denn dann den Berg runterkariolt sind, ein Visagist wartet, der sie medaillen-reif zurecht macht oder ob sie selbst ein Schminktäschchen dabei haben und schnell mal ein Podest-Make-up auflegen.

Mir wäre es ja in meinem Zustand so was von Suppengrün, wie ich aussehe. Ich würd’ da hingehen, mir die Medaillen geben lassen, matt in die Kamera winken und dann stumpf nach hinten umfallen.

Nicht so Maria Riesch. Strahlend, das Milka-Mützchen werbewirksam in Position gebracht, winkt sie in die Kameras und sieht aus, als würde sie zur Feier des Tages gleich erst mal ein Proseccochen schlürfen (statt wie ich Heumann Bronchial-Tee…).

Also, ich wäre sehr dankbar, wenn mir jemand einen Hinweis geben könnte, was sie eingenommen hat und wo man es herbekommt…

Samstag, 12. Februar 2011

Stell Dir vor es ist Wahl und keiner geht hin, Teil 2

Wie ja bereits erwähnt, sind hier in Hamburg dieser Tage Bürgerschaftswahlen. Und gestern nun bekam ich einen Din-A-4-Umschlag mit der Aufschrift: „Wichtige Wahlunterlagen!“.

Diese Wahlunterlagen entpuppten sich als 33-seitiger Musterstimmzettel plus Anschreiben und einem bunten Erklärblatt. Der Landeswahlleiter Willi Beiß fühlte sich bemüßigt, mich schnell noch zu schulen, bevor er mich am 20. Februar ins Wahllokal schickt.

Um zu kapieren, wen ich wie mit wieviel Stimmen wählen kann / soll, könnte ich in der Tat eine Schulung gebrauchen. In diesem Musterstimmzettel-Heft gibt es Landeslisten und Wahlkreislisten und Bezirkslisten und Listenlistenlisten und es stehen gefühlt die Namen aller Hamburger drin, so viele Menschen stellen sich in irgendeiner Form zur Wahl. Und jeder Wähler hat 20 Stimmen, die er nun nach Gutdünken verteilen kann.

Früher hatte ich zwei Stimmen, eine für die Partei, eine für meinen Lieblingskandidaten, Ende, aus, Applaus. Hat auch funktioniert.
Jetzt muss ich mir im Grunde die Zeit nehmen und mich einlesen, um zu verstehen, was genau ich wie wähle und wer dann in die Bürgerschaft einzieht.

Aber wer um alles in der Welt hat denn dafür Zeit?!? Sich bezüglicher dieser Wahlen zu informieren mutiert gerade zum Vollzeit-Job, denn ich muss mich ja auch noch schlau machen, welche Partei mir was verspricht (und dann doch nicht einhält, polemisch, ich weiß…), wenn ich sie wähle.

Ich kann ja mal zu meinem Sohn sagen, Liebelein, ich kann jetzt nicht mit Dir spielen, ich muss mich über die Wahlen informieren. Bin mal gespannt, was er dann sagt, vermutlich aber das gleiche wie sonst auch: „Bau ma Turm, ja?“ oder „Bisschen Auto gucken, ja?“.

Vielleicht bin ich ja besonders einfältig, dass ich diesen Wahlprozess nicht gleich erfasse. Aber ich fürchte, damit stehe ich nicht alleine da. Mit einem derartig verkomplizierten Wahlvorgang wird man die Wahlbeteiligung meines Erachtens nicht erhöhen. Und dann reichen die Stimmen wieder nicht für eine eindeutige Entscheidung und die Parteien verstricken sich in endlosen Verhandlungen, die dann wieder zu irgendwelchen auf Dauer nicht tragfähigen Koalitionen führen.

Ach, das macht mich irgendwie so müde...

Mittwoch, 9. Februar 2011

Krimi goes Splatter

Der Göttergatte hat sich einen neuen Schmöker gekauft, einen Krimi. Ich lese auch gerne Krimis, aber in letzter Zeit kommen im Krimi-/Thriller-Genre immer mehr Bücher auf den Markt, wo mir einfach der Zugang fehlt.

Die Bücher werden immer grausamer, brutaler und wie ich finde, auch geschmackloser. Jeder Mord wird detailliert und in den schillerndsten Farben beschrieben, ebenso wie der Verwesungsgrad der zurückbleibenden Leiche.
Zu jedem „guten“ Krimi / Thriller gehört mittlerweile auch die eine oder andere Vergewaltigung, natürlich auch ausführlich, ja, beinahe genüsslich ausformuliert. Und jederzeit gerne genommen ist jegliche Art von Kindesmissbrauch, Pädophilie und Inzest.

Hallo??? Was leben die Autoren hier aus?? Traumatische, unbewältigte Erfahrungen? Ihre eigenen Gewaltphantasien? Oder haben sie schlicht erkannt, dass diese Art zu schreiben eine Gelddruckmaschine ist, da der gemeine Leser mittlerweile so verroht ist, dass er echt harten Stoff zum lesen braucht, um aus dem Leseerlebnis noch einen Kick zu ziehen?

Wo sind die gut geschriebenen, psychologisch ausgefeilten und wirklich mordsspannenden Krimis und Thriller, so wie es sie noch vor einiger Zeit gab? Bevor die Simon Becketts und Stieg Larssons dieser Welt die Szene mit ihren Büchern aufgemischt haben? Bevor aus Krimis und Thrillern Splatter-Filme auf Papier wurden?

Aber gut, in einer Zeit, wo Ego-Shooter en vogue sind, in denen es einzig und allein darum geht, andere abzuschießen (egal, ob Mensch oder Monster), reißt natürlich Miss Marple nicht mehr die Wurst vom Teller.

Dienstag, 8. Februar 2011

Die Bundeswehr - eine starke Truppe

Als ich vor einigen Tagen mit dem Auto unterwegs war, fuhr vor mir ein Mercedes mit einem Y und einigen Ziffern auf dem Nummernschild.

Sprich, es handelte sich allem Anschein nach um ein höheres Tier bei der Bundeswehr, irgendein Oberst oder General oder so was, bei den Rängen unseres Heeres bin ich nicht so firm. Ich gehe jedoch davon aus, dass ein einfacher Obergefreiter keinen so großen Dienstwagen fahren darf.

Der, nennen wir ihn der Einfachheit halber, Oberst hatte in seinem Auto auch ein Navigationssystem. Trotzdem fuhr er, ortsunkundig wie er augenscheinlich war, derartig unsicher und verpeilt durch die Gegend, dass man wirklich Angst bekommen konnte. Riskante Spurwechsel in letzter Sekunde, unerwartetes scharfes Abbremsen, die ganze Palette von „Arrhhgg, ich weiß nicht, wo ich bin und wo ich hin muss!!“ - Verhalten. Trotz Navi.

Und da habe ich mir dann schon Sorgen gemacht, dass dieser Mensch im Ernstfall für meine Verteidigung zuständig ist. Ich meine, wenn er sich schon mit einem Navi in einem Mercedes in einer Stadt wie Hamburg nicht zurecht findet, wie soll er das dann mit einem Panzer ohne Navi im Feindesland tun?

Ach, höre ich die Sorglosen unter Euch sagen, so ein Oberst fährt den Panzer ja nicht, der ist ja mehr für’s Strategische und Taktische zuständig.

Ja, umso schlimmer! Was soll ich denn von einem Strategen halten, der selbst mit Navi seinen Weg nicht findet??? Der völlig verplant durch Hamburg eiert? Und der sagt dann dem gemeinen Soldaten, wo’s lang gehen soll? Na prima…

Sonntag, 6. Februar 2011

Stell' Dir vor, es ist Wahl und keiner geht hin...

Hier in Hamburg wird ja am 20. Februar die Bürgerschaft neu gewählt. Und da hat man im Moment das Gefühl, sämtliche Parteien haben ihre Sparstrümpfe aufgeribbelt und das Geld für Werbeplakate ausgegeben.

Man kann kaum treten, ohne dass einen einer der Bürgerschaftskandidaten anlächelt (FDP), angrinst (ÖDP) oder ernst und vertrauenheischend anschaut (SPD).

Am meisten nervt mich derzeit das Wahlplakat der FDP mit der Bürgerschaftskandidatin KatJA (wahnsinns Wortspiel übrigens…) Suding.


Ich meine, worum geht es da?!? Will sie in die Bürgerschaft oder in den Otto-Katalog? Soll ich sie wählen oder die Regenjacke kaufen? Was soll ich denn von einer Politikerin halten, die posiert, als stünde sie vor einem von Heidi Klums Fotografen-Freunden?
Aber sie ist halt hübsch und sie möchte gerne Politik machen und da ist sie dann eben in die FDP eingetreten und nun darf sie mit der Westerwelle zum Galadinner und wer weiß, vielleicht wird sie mal Familienministerin.

Der Kandidat der SPD, Olaf Scholz setzt da mehr auf lässige Seniorität. Ich soll ihm einfach mal vertrauen, er macht das dann schon. Ernst, manchmal mit einem leichten Lächeln blickt er mich an und verschlagwortet seine Regierungsziele auf dem Plakat mit Begriffen wie „Vertrauen“. „Verantwortung“. „Vernunft“. Na ja.

Ganz anders hingegen der ÖDP-Kandidat, der in Bayern den Volksentscheid für das totale Rauchverbot in Kneipen und Gaststätten durchgesetzt hat. Der hat vermutlich der plakat-entwerfenden Werbeagentur einfach irgendein Privatfoto gegeben, vor dessen Aufnahme er nicht mal in den Spiegel geschaut hat, geschweige irgendeinen Aufwand betrieben hat, um senior bzw. positiv rüber zu kommen.

Nur bei den Linken ist niemand drauf zu sehen, die beschränken sich auf knackige Parolen wie „Hartz IV abwählen“ und „Reichtum besteuern“ (na ja, jeder so, wie er’s mal gelernt hat, näch…).

Ich weiß, Wahlwerbung muss ja sein, sonst sind noch Wahlen und keiner geht hin oder man geht hin und, oh Schreck, weiß nicht, wen man wählen soll… Aber dieser Plakatierungswahn im Moment ist einfach nur anstrengend.

Wann kommt der Tag…

Ich frage mich in letzter Zeit immer öfter, wann der Tag kommt, an dem man jemandem, der sich daneben benimmt, ungestraft sagen darf, dass er sich daneben benimmt, ohne als unhöflicher Stoffel zu gelten.

Und ich befürchte, die Antwort auf diese Frage lautet: nie. Dieser Tag kommt nie. Denn wir sind alle höflich und nehmen hin. Wir nehmen schlechtes Benehmen hin, wir nehmen Rücksichtslosigkeit, Unfreundlichkeit, Unverschämtheit und fehlende Courage hin, genauso wie mangelnde Professionalität und Inkompetenz. In unserer Gesellschaft ist man so erzogen, offensichtliches Fehlverhalten mit einem Lächeln verständnisvoll unter den Teppich zu kehren. Denn das macht man ja nicht, mal auf den Tisch zu hauen und dem Gegenüber mit deutlichen Worten die rote Karte zu zeigen.

Wir sind höflich gegenüber Chefs, Kollegen, Geschäftspartnern, Schwiegereltern, Freunden und Bekannten. Wir sagen nichts, wenn sie sich ganz offensichtlich schlecht, unverschämt und manchmal sogar ethisch fragwürdig benehmen, denn man will ja niemanden vor den Kopf stoßen, wer weiß, welche Konsequenzen das hat.

Und daher ist diese Frage,wann der Punkt erreicht ist, an dem alle Duldsamkeit endet und Tacheles gesprochen wird, eine höchst individuelle. Das muss jeder selbst für sich entscheiden, was passieren muss, dass alle Signallampen auf rot gehen und einem (endlich!) die Hutschnur platzt. Dieser Zeitpunkt ist bei jedem ein anderer. Bei manchem kommt er nie.

„Höflichkeit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr…“ Diesen weisen, alten Spruch sollten wir uns vielleicht mal auf’s Kopfkissen sticken lassen.

Dienstag, 25. Januar 2011

Fremdschämen

Irgendwie kommt das ja an jeder Schule vor, dass einer der zahlreichen Jahrgänge, die da im Laufe der Zeit so durchlaufen, auch mal einen sogenannten Prominenten hervorbringt. Denn all unseren geliebten VIP's müssen ja auch irgendwo zur Schule gegangen sein (ja, selbst Daniela Katzenberger!).

Man schaltet also irgendwann, viele Jahre nach dem Schulabschluß den Fernseher ein, ahnt nichts böses, und baaamm, blickt man direkt in die Visage eines ehemaligen Mitschülers, bei dem man sich zu Schulzeiten echt gefragt hat, was nur aus ihm werden soll. Und schwupps, eben noch der Schulversager vom Dienst, heute schon Star in einer Vorabend-Soap.

Ich bin z.B. mit einem der wie Pilze aus dem Boden schießenden Fernsehköche zur Schule gegangen. Sein kometenhafter Aufstieg zum Sternekoch mit eigener Fernsehshow war zu Schulzeiten wahrlich für niemanden vorhersehbar und ich glaube, keiner von uns, weder Mitschüler noch Lehrer, hatten seine letzten Worte in der Abi-Zeitung, die da lauteten „Wer nix wird, wird Wirt“, als Prophezeiung aufgefasst.

Ich habe ihm sogar mal Kekse gebacken (keine Ahnung, warum…), was natürlich angesichts seines heutigen Jobs irgendwie rührend ist. Und er hat mir zum Julklap mal so ein Fenster-Deko-Glas-Aufhäng-Dings geschenkt, was heute immer noch bei meiner Mutter in der Wohnung rum hängt. Sie hält es in Ehren, denn sie ist ein Riesenfan von ihm. Na ja, Anektdötchen aus der Schulzeit…

Nicht, dass ich ihm seinen Erfolg nicht gönnen würde, aber immer, wenn ich mich dann mal überwunden hatte, mir seine Sendung anzuschauen, konnte ich irgendwie nicht umhin, mich fremdschämen zu müssen. Ich weiß eigentlich gar nicht warum, so schlecht macht er seine Sache nicht, aber es wirkt halt immer so bemüht und dabei war er früher wirklich süß und witzig.

Mein Göttergatte und ich haben übrigens eine Diskussion laufen, wer sich mehr fremdschämen muss, er oder ich.
Er ist nämlich mit einer Prinzessin zur Schule gegangen. Damals war sie aber noch gar keine Prinzessin, sondern nur ein Mädel, das mit seinen Eltern aus der ehemaligen DDR „rüber gemacht“ hat.

Nach dem Abitur hat sie dann erst mal als Maklerin gearbeitet, so lange, bis sie einen ihrer reichen, alten und unfassbar unattraktiven Kunden geheiratet hat. So also wurde sie dann zur Prinzessin und lebte glücklich, ja, nicht ganz bis an ihr seliges Ende, sondern nur, bis der reiche, alte und unfassbar unattraktive Prinz sie gegen eine billige und aufgemotztere Kopie ihrer selbst eingetauscht hat. Daher muss sie nun sie als Society Lady auf einer spanischen Promi-Insel arbeiten, arme Hunde retten und Kinderlederpuschen mit Krönchen drauf entwerfen. Ab und an taucht sie dann mal wieder beim Promi-Kochduell auf bzw. in RTL2-Doku-Soaps, die aber nach den ersten Folgen abgesetzt werden.
Also, ich denke ja wirklich, der Göttergatte muss sich mehr fremdschämen…

Aber ich glaube, am meisten würde ich mich fremdschämen, wenn ich mit Stefan Raab zur Schule gegangen wäre oder gar mit, oh Gott oh Gott, Tom Cruise. Solche Menschen muss es ja geben und ich wüsste wirklich gern, wie sie mit dieser Bürde umgehen…

Freitag, 21. Januar 2011

Alles wird gut!

Das ist ja nun endlich mal eine gute Nachricht: unsere Familienministerin-Azubine ist schwanger.
Die Nachricht kommt nach ihrer Hochzeit im letzten Jahr nicht völlig unerwartet und doch lässt sie mich beruhigt aufatmen: die Familientheoretikerin wird nun kopfüber in die Praxis des Lebens mit Kind geschubst.

Nun kann sie ihr im Studium und über Gremienarbeit erworbenes Wissen zum Thema Familie endlich mal praktisch unterfüttern und das gibt mir irgendwie ein gutes Gefühl. Denn ich gehe mal nicht davon aus, dass unser Verteidigungsminister Zivildienstleistender war und unsere Arbeitsministerin bisher nur Tischläufer bestickt hat. Bis auf unseren Gesundheitsminister bringen ja irgendwie alle Minister irgendwelche relevanten Vorerfahrungen mit. Schön, dass Frau Schröder dies nun auch bald von sich sagen kann.

Und ich bin ja so gespannt, wie das dann alles laufen wird. Klar, Elternzeit macht sie nicht, nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mutterschutz. Und sie wird die Hilfe von Oma und Opa sowie von Krippen in Anspruch nehmen. Gibt es also in Berlin echt Krippen, die acht Wochen alte Babys aufnehmen? Doll.
Ihr Kerl könnte natürlich Elternzeit machen, der ist ja nur so’n Staatssekretär, da gibt’s ja viele von, der könnte doch schön daheim bleiben. Stelle ich mir richtig klasse vor, wie er seiner Frau den kleinen Fratz dann zum stillen in die Bundestagssitzung bringt. Ob Frau Schröder da dann öffentlich stillt oder doch lieber g’schamig auf der Toilette?

Und ich bin ja auch mal gespannt, ob Frau Schröder auch monatelang nach einem Krippenplatz suchen muss (vermutlich nicht, wer würde es wagen, Madame Familienministerin aufzufordern, sich in eine Warteliste einzutragen...) und wenn sie dann einen hat, wie sie mit dem Krankenstand ihres Kindes im ersten Krippenjahr umgehen wird. Ich bin mir sicher, was die Vereinbarkeit von Kind und Karriere angeht, können wir von Kristina Schröder alle noch was lernen.

Vielleicht fallen ihr ja nach einiger Zeit als Mutter noch andere Sachen ein, die man für Familien in Deutschland ändern könnte als ausgerechnet die Quote der männlichen Erzieher in Kitas zu erhöhen oder einen Boys Day einzuführen.

Sonntag, 16. Januar 2011

Guten Tag, ich will mein Leben zurück!

Vor einiger Zeit war ich in einem Drogeriemarkt Zeuge, wie ein relativ verzweifeltes Elternpaar versuchte, ihre schreiende Tochter zu beruhigen. Die Kleine hatte sich aber scheinbar schon in Rage geschrien und so waren alle Versuche, ob mit gutem Zureden, streicheln oder Schnuller vergebens.
Dann ging ein weiteres Paar an mir vorbei, der Mann rollte mit den Augen und sagte dann mit deutlich verächtlicher Stimme: „Kinder sind doch wirklich was Tolles!“

Ja, und da stimmte ich ihm doch sofort, allerdings ohne Ironie und Verächtlichkeit, zu. Allerdings gebe ich offen zu, dass ich, als ich noch kein Kind hatte und jünger war, wohl oft ähnlich von schreienden Kindern genervt war.

Kinder sind toll und irgendwie eigentlich auch das, was am Ende der Tage wirklich zählt. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Erlebnisse, wo mir der Song „Die Reklamation“ von „Wir sind Helden“ nicht mehr aus dem Kopf geht.

So zum Beispiel gestern Vormittag gegen 11 Uhr. Ich kam gerade mit meinem Sohn vom Einkaufen zurück und versuchte ihn mit Engelszungen dazu zu bringen, schneller als einen Schritt pro Stunde zu gehen, eine Geschwindigkeit, die sich dadurch ergibt, dass er jeden, aber auch wirklich jeden Stein auf dem Weg genauestens betrachten muss. Ich hatte schlecht geschlafen, im Gegensatz zu meinem Sohn, der nach zehn Stunden Schlaf höchst erquickt gegen 6 Uhr morgens aufgewacht war und irgendwie wenig davon hielt, dass Mama noch schlafen wollte. Dementsprechend war ich müde, genervt und angespannt, zumal ich an diesem Wochenende Strohwitwe war (der beste aller Ehemänner war auf einem Berlin-Trip mit einem Freund).

Da kam mir ein junges Paar entgegen. Händchenhaltend, sie hielt in der anderen Hand eine Brötchentüte, schlenderten beide den Weg entlang und sahen sowohl außerordentlich ausgeruht als auch höchst entspannt aus. Ich nehme einfach mal an, sie haben erstens die Nacht durchgeschlafen, konnten zweitens ausschlafen bis gegen 10 Uhr und haben sich dann kurz vor 11 Uhr auf den Weg zum Bäcker gemacht, um dann so gegen halb zwölf erst einmal in aller Gemütsruhe zu frühstücken. Den restlichen Verlauf ihres Tages mochte ich mir dann nicht mehr vorstellen, sonst hätte ich wahrscheinlich geweint.

Und da war sie wieder, die Textzeile: „Guten Tag, guten Tag, ich will mein Leben zurück.“ Natürlich nicht wirklich, aber manchmal stelle ich mir vor, in Ruhe Zeitung zu lesen, ohne dass eine kleine Stimme äußerst beharrlich „Buch! Buch!“ oder „Durst!“ oder „Baun’“ oder „Auuuutooooo“ sagt. Ich stelle mir vor, nachts tief und fest durchzuschlafen, ohne gegen 3 Uhr morgens vom Schrei-o-mat geweckt zu werden und senkrecht im Bett zu sitzen. Und ich stelle mir vor, morgens mal länger als bis 6 Uhr zu schlafen, ohne das jemand „Milch!“ ruft oder „Mama!“ oder mit seinem Laufwagen gegen die Schlafzimmertür bollert.

„Guten Tag, ich gebe zu, ich war am Anfang entzückt. Aber euer Leben zwickt und drückt nur dann nicht, wenn man sich bückt.“

Eine Freundin von mir sagte, Kinder sind toll und wenn man sich erstmal von dem Wunsch verabschiedet hat, ein eigenes Leben haben zu wollen, dann ist es auch egal, wie viele man hat.

Solche Gedanken gehen mir immer dann durch den Kopf, wenn ich grad mal wieder sterbensmüde bin oder zum gefühlt achthundertsten Mal „Kati, das Kätzchen“ vorgelesen habe oder in Regen und Kälte auf dem Spielplatz stehe.

Und dann passiert irgendetwas Wunderbares. Dann küsst mich mein Sohn freiwillig oder legt seine Ärmchen um meinen Hals und drückt mich oder sagt „Mami!“ und lächelt mich so bezaubernd an, dass ich ihn knutschen könnte. Und dann weiß ich wieder, was wirklich zählt und warum ich mich bis auf weiteres von einem eigenen Leben verabschiedet habe.

Freitag, 14. Januar 2011

An der nächsten Ampel sehen wir uns wieder!

Ich fahre gern Auto. Und ich fahre auch gerne zügig Auto. Manchmal etwas zu zügig, wie die Tickets für zu schnelles Fahren aus dem letzten Jahr unzweifelhaft belegen.

Aber im Vergleich zu so manch anderem Hobby-Schumi bin ich dann doch ein echter Trulli oder Yamamoto.
Da brettern einige durch die Innenstadt, mit 80 Sachen oder mehr, überholen riskant, wechseln die Spur im 10-Sekunden-Takt und ich frage mich wirklich, warum (wieder einmal höre ich die Stimme vom Göttergatten: weil sie’s können!).
Wollen die Jungs (ja, meistens sind es XY-Chromosomen-Träger…) irgendwo früher ankommen? Hat ihr Navigationssystem versagt und sie wähnen sich auf dem Nürburgring und doch ist es nur die Eiffestraße? Sind sie in eine Tube mit Sekundenkleber getreten und nun klebt ihr Schuh am Gaspedal fest?

Zeit sparen kann auf jeden Fall nicht der Grund sein, denn die meisten der Möchtegern-Vettels treffe ich in der Regel an der nächsten Ampel wieder, wo sie dann schon den Motor aufheulen lassen und sobald die Ampel von rot auf orange springt, einen gummi-fressenden Kavaliersstart hinlegen. Das könnte natürlich auch der Grund sein: die Jungs gehen so gerne Reifen shoppen!

Wie auch immer, es scheint sie glücklich zu machen, wenigstens einmal am Tag nicht der Herr Kaluppke von der Hamburg Mannheimer zu sein, sondern in ihrer kleinen Welt ein waschechter Formel-Eins-Fahrer mit einer Mördermaschine unter dem Allerwertesten. Also, lassen wir ihnen die Freude am Fahren!

Dienstag, 11. Januar 2011

Bei mir um die Ecke...

In der Nähe meines Wohnortes gibt es ein Etablissement (bitte Etablißßemäng ausgesprochen!) für alle einsamen, unglücklichen und unzufriedenen Männer, wo diese die Nähe und Wärme finden, die sie sonst so schmerzlich vermissen. Sprich, hier bei mir auf der Ecke gibt es ein Bordell.

Da ist in Hamburgs sündigem Universum mit der Reeperbahn als Fixstern und diversen kleineren Meilen und Meilchen als Trabanten nichts Ungewöhnliches und ich wohne auch nicht das erste Mal in der Nähe eines derartigen Vergnügungsortes.

Das Bordell ist noch relativ neu, die dort tätigen Damen standen vorher bei Wind und Wetter an der Straße und boten ihren Freiern Unterschlupf, ja, wo eigentlich? In ihren Autos? In Appartements in der Nähe? Ich weiß es nicht, habe mich das aber oft gefragt.

Nun, egal, jetzt gibt es ja das Bordell mit angeschlossenem Hotel und sogar barrierefrei (was man von den meisten Hamburger U- und S-Bahnstationen nicht behaupten kann…).
Alles in allem also eine gute Sache.

Was allerdings wirklich fragwürdig an diesem Etablissement ist, ist die Fassadenfarbe. Ich weiß nicht, ob es Absicht war oder ob der Farbton im nahegelegenen Baumarkt gerade im Angebot war, auf jeden Fall ist das Gebäude fleischfarben. Nicht rosa oder rosig oder so, nein, fleischfarben, so wie die Glanzleggings, die die Damen bei kühleren Temperaturen unter ihren kurzen Röcken tragen.

Finde ich nicht besonders einladend, aber ich bin ja auch kein Mann. Da finde ich den ebenfalls recht neuen und etwas mehr in Innenstadtnähe befindlichen „Loveclub“ schon ansprechender. Hier dominiert die Farbe rot und das ganze wirkt irgendwie so plüschig und 70er Jahre Rotlichtmillieu-mäßig, dass es schon wieder interessant ist.

Also, wenn ich die Zielgruppe wäre, wüsste ich schon, wo ich meine Kohle lieber loswerden würde…

Montag, 10. Januar 2011

Textinterpretationen

Ich habe meinem Sohn vor einiger Zeit einen kleinen Kassettenrecorder von Fisher Price und einige Kassetten mit Kinderliedern gekauft. Er findet den Recorder und seine Kassetten auch wirklich prima und fordert jeden Tag mehrfach „Musssik!“.

Hört man sich nun die Texte der Kinderlieder mal genauer an (was nicht ausbleibt, wenn sie jeden Tag rund um die Uhr dudeln...), fallen einem die drolligsten Dinge auf.

Da wäre zum Beispiel das allseits bekannte Lied „Anne Kaffeekanne“. Rein refrain-mäßig sowieso schon ein Knaller, geht es hier aber auch knallhart emanzipatorisch zu Sache. So soll das Mädchen Anne, welches auf seinem Besenstiel herumfliegt, gleich in mehreren Strophen zur Hausfrau am Herd degradiert werden, z.B. bei den Eskimos, den sie jeden Tag Lebertran kochen soll oder im Schwarzwald, wo sie einem strohblonden Förster die „Pantoffeln für die Tagesschau“ bringen soll.

Nix da, denkt sich Anne und fliegt „oh pardon! Auf dem Besenstiel davon, geradeaus, über’s Haus, dreimal rum und hoch hinaus!“. Und ihre Entschlossenheit zahlt sich aus. Sie lernt (ausgerechnet in Wanne-Eickel, unglaublich, wie Schicksal manchmal spielt…) einen netten Jungen kennen, den kleinen Hansi Heinemann, (der im Übrigen einsam war) der ihr eine Kaffeekanne schenkt und mit dem sie dann gemeinsam davon fliegt.

Von derartigen gleichberechtigten bzw. emanzipatorischen Ansätzen ist man in dem Lied „Tanz, tanz, Quieselchen“ meilenweit entfernt. Hier wird eine Person namens Quieselchen (über die Herkunft des Namens dürfen gerne noch etymologische Forschungen angestellt werden) unter in Aussichtstellung eines neues Kleides, eines Pferdes und eines Hauses zum Tanzen aufgefordert. Jedoch lösen weder Kleid noch Pferd noch Haus bei Quieselchen auch nur den geringsten Tanzimpuls aus. Erst als ihr fürs Tanzen ein Mann versprochen wird, da tanzt sie, was sie kann. Erschütternderweise hat also die Torschlusspanik auch Einzug in das Kinderliedgut gefunden…

Um die Verständnislosigkeit eines Vaters gegenüber der Lebensweise seines Sohnes (ein Thema, so alt wie die Welt…) geht es in dem Lied über den „Kleinen Fuchs Karl August“.
Karl August ist sehr zum Leidwesen seines Vaters Vegetarier und zieht Brote, dick mit Nougatcreme bestrichen, einem saftigen Gänsebraten vor. Dies erträgt der Vater gar nicht und schickt seinen Sohn an einem Tag sehr entschlossen zum Bauern, damit er dort mal nach den Gänsen sieht (was, wenn man es mal nüchtern betrachtet, eine verkappte Aufforderung zum vorsätzlichen Gänsemord ist). Nun ist Karl August aber ein pfiffiges Kerlchen und nutzt die verklausulierte Mord-Aufforderung seines Vaters in seiner eigenen, freien Interpretation. Er sieht tatsächlich nach den Gänsen und lässt sich von ihnen nicht nur zehn Brote mit Nougatcreme schmieren, sondern auch noch sechs Federn schenken. Die Federn im Mund kehrt er zu seinem Vater zurück, der ihn mit einem erleichterten „Mein Sohn, Du bist gesund!“ empfängt.

Aber nicht alle Liedtexte sind derartig gehaltvoll und inhaltsreich und packen wirklich heiße Eisen an. Besondere Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang das Lied „Der Joghurt und der Quark“. Beide Molkereiprodukte gingen in den Park und dort kommt der Quark auf die Idee, gemeinsam nach Frankfurt zu reisen, eine Idee, die vom Joghurt außerordentlich positiv aufgenommen wird. Das Lied endet dann unerwarteterweise mit einer eindeutigen Werbebotschaft und fordert den Konsumenten auf, doch Joghurt und Quark zu kaufen, die (Originalzitat!) „sind billig und schmecken gut!“. Hier stellt sich doch wirklich die Frage, ob eigentlich alle Werber immer noch koksen (das ist soooo 80er...).

Man sieht, der Kauf des Kassettenrecorders nebst Kassetten hat sich wirklich gelohnt, nicht nur für das Entertainment meines Kindes, nein, auch für ein paar Textinterpretations-Spielereien der Mutti… ☺

Montag, 3. Januar 2011

St. Pauli ist die einzige Möglichkeit

Manche hier in Hamburg denken, St. Pauli sei einfach nur ein Stadtteil von vielen, vielleicht ein bisschen abgerockter, wilder und gefährlicher als die anderen Stadtteile (nun, wer das denkt, war noch nie in Steilshoop…).

Weit gefehlt. St. Pauli ist das politische und moralische Gewissen Hamburgs, wenn nicht sogar der ganzen Bundesrepublik. Kein politisches oder zumindest heiß umstrittenes Thema, zu dem die St. Paulianer nicht ihren Senf abgeben, zumeist in Form von auf die Häuser der Hafenstraße gesprayte oder sonst wie applizierte Parolen.

„St. Pauli ist die einzige Möglichkeit!“ Dieser selbstbewusste Spruch dreier Fans des 1. FC St. Pauli prangt auf einer der Fassaden entlang der Hafenstrasse. Bezieht sich diese Parole in erster Linie natürlich auf den Fussballclub, so birgt sie doch auch den Stolz der St. Paulianer, gerade hier zu leben und nirgendwo anders.
Dann ist da noch die Parole „Deutschland, halt’s Maul!“, deren Bedeutung sich mir nie so recht erschlossen hat…
Deutliche Stellungnahmen zum Stromanbieter Vattenfall sind klar, ebenso ein Klassiker unter den politischen Parolen: „Kein Mensch ist illegal!“. Natürlich gibt es auch Kommentare zur Fragwürdigkeit des Kapitalismus und zum Wert der arbeitenden Klasse.
Bei dem Spruch „Komm in die Gänge“ am Fuße des Golden Pudel Club hat es etwas gedauert, bis ich auf den Zusammenhang mit dem Hamburger Gängeviertel gekommen bin, dessen Erhalt derzeit zur Disposition steht.

An jedem Haus kleben Flugblätter (in der Szene auch Flugis genannt...), die zu Demonstrationen für diverse Themen und gegen unsägliche Mißstände aufrufen.

Nun hat ja politisches Bewusstsein auf St. Pauli durchaus Tradition, man denke nur an die Hausbesetzerszene in der nun schon mehrfach erwähnten und berühmt-berüchtigten Hafenstrasse, die allerdings mittlerweile samt ihren Häusern zur Touristenattraktion geworden ist. Und auf dem Kiez wurden Regeln von jeher kräftig gegen den Strich gebürstet, wurde falscher Moral und verkrusteten Konventionen schon immer kräftig in den Allerwertesten getreten. Und irgendwie stimmt man den St. Paulianern auch in den meisten ihren Protestthemen zu.

Wenn es z.B. um Themen wie die Neugestaltung des Bernhard-Nocht-Quartiers geht, wo aus Altbauwohnungen entweder durch Sanierung oder durch Plattmachen und Neubauen schicke, neue Yuppie-Luxus-Eigentumswohnungen entstehen sollen, die für die alteingesessenen St. Paulianer (und für jeden anderen, der sein Geld nicht als Art Director oder Banker verdient) schlicht unbezahlbar sind, ist es absolut nachvollziehbar, dass der Kiez sich lautstark zu Wort meldet und dagegen protestiert.

Aber manchmal ist es ist halt wie mit dem guten Freund, den man echt mag, der aber immer alles besser weiß und zu allem und jedem seinen Kommentar abgeben muss und dessen Selbstgefälligkeit einem ziemlich oft auf den Keks geht.