Schön, dass Du vorbei schaust...

Hallo und herzlich Willkommen in meiner Welt!
Hier schreibe ich über die Dinge, die ich so erlebe, Lustiges, Kurioses, Ärgerliches... Über all das, was jedem von uns jeden Tag im Alltag widerfährt und wo man vielleicht denkt, wieso schreibt da eigentlich nicht mal einer drüber?
Was ich schreibe, kann man gut finden, muss man aber nicht. Kann man kommentieren, muss man aber nicht. Frei nach dem Motto: Alles geht, nichts muss.

In diesem Sinne: viel Spaß!
Deine Violet

Dienstag, 25. Januar 2011

Fremdschämen

Irgendwie kommt das ja an jeder Schule vor, dass einer der zahlreichen Jahrgänge, die da im Laufe der Zeit so durchlaufen, auch mal einen sogenannten Prominenten hervorbringt. Denn all unseren geliebten VIP's müssen ja auch irgendwo zur Schule gegangen sein (ja, selbst Daniela Katzenberger!).

Man schaltet also irgendwann, viele Jahre nach dem Schulabschluß den Fernseher ein, ahnt nichts böses, und baaamm, blickt man direkt in die Visage eines ehemaligen Mitschülers, bei dem man sich zu Schulzeiten echt gefragt hat, was nur aus ihm werden soll. Und schwupps, eben noch der Schulversager vom Dienst, heute schon Star in einer Vorabend-Soap.

Ich bin z.B. mit einem der wie Pilze aus dem Boden schießenden Fernsehköche zur Schule gegangen. Sein kometenhafter Aufstieg zum Sternekoch mit eigener Fernsehshow war zu Schulzeiten wahrlich für niemanden vorhersehbar und ich glaube, keiner von uns, weder Mitschüler noch Lehrer, hatten seine letzten Worte in der Abi-Zeitung, die da lauteten „Wer nix wird, wird Wirt“, als Prophezeiung aufgefasst.

Ich habe ihm sogar mal Kekse gebacken (keine Ahnung, warum…), was natürlich angesichts seines heutigen Jobs irgendwie rührend ist. Und er hat mir zum Julklap mal so ein Fenster-Deko-Glas-Aufhäng-Dings geschenkt, was heute immer noch bei meiner Mutter in der Wohnung rum hängt. Sie hält es in Ehren, denn sie ist ein Riesenfan von ihm. Na ja, Anektdötchen aus der Schulzeit…

Nicht, dass ich ihm seinen Erfolg nicht gönnen würde, aber immer, wenn ich mich dann mal überwunden hatte, mir seine Sendung anzuschauen, konnte ich irgendwie nicht umhin, mich fremdschämen zu müssen. Ich weiß eigentlich gar nicht warum, so schlecht macht er seine Sache nicht, aber es wirkt halt immer so bemüht und dabei war er früher wirklich süß und witzig.

Mein Göttergatte und ich haben übrigens eine Diskussion laufen, wer sich mehr fremdschämen muss, er oder ich.
Er ist nämlich mit einer Prinzessin zur Schule gegangen. Damals war sie aber noch gar keine Prinzessin, sondern nur ein Mädel, das mit seinen Eltern aus der ehemaligen DDR „rüber gemacht“ hat.

Nach dem Abitur hat sie dann erst mal als Maklerin gearbeitet, so lange, bis sie einen ihrer reichen, alten und unfassbar unattraktiven Kunden geheiratet hat. So also wurde sie dann zur Prinzessin und lebte glücklich, ja, nicht ganz bis an ihr seliges Ende, sondern nur, bis der reiche, alte und unfassbar unattraktive Prinz sie gegen eine billige und aufgemotztere Kopie ihrer selbst eingetauscht hat. Daher muss sie nun sie als Society Lady auf einer spanischen Promi-Insel arbeiten, arme Hunde retten und Kinderlederpuschen mit Krönchen drauf entwerfen. Ab und an taucht sie dann mal wieder beim Promi-Kochduell auf bzw. in RTL2-Doku-Soaps, die aber nach den ersten Folgen abgesetzt werden.
Also, ich denke ja wirklich, der Göttergatte muss sich mehr fremdschämen…

Aber ich glaube, am meisten würde ich mich fremdschämen, wenn ich mit Stefan Raab zur Schule gegangen wäre oder gar mit, oh Gott oh Gott, Tom Cruise. Solche Menschen muss es ja geben und ich wüsste wirklich gern, wie sie mit dieser Bürde umgehen…

Freitag, 21. Januar 2011

Alles wird gut!

Das ist ja nun endlich mal eine gute Nachricht: unsere Familienministerin-Azubine ist schwanger.
Die Nachricht kommt nach ihrer Hochzeit im letzten Jahr nicht völlig unerwartet und doch lässt sie mich beruhigt aufatmen: die Familientheoretikerin wird nun kopfüber in die Praxis des Lebens mit Kind geschubst.

Nun kann sie ihr im Studium und über Gremienarbeit erworbenes Wissen zum Thema Familie endlich mal praktisch unterfüttern und das gibt mir irgendwie ein gutes Gefühl. Denn ich gehe mal nicht davon aus, dass unser Verteidigungsminister Zivildienstleistender war und unsere Arbeitsministerin bisher nur Tischläufer bestickt hat. Bis auf unseren Gesundheitsminister bringen ja irgendwie alle Minister irgendwelche relevanten Vorerfahrungen mit. Schön, dass Frau Schröder dies nun auch bald von sich sagen kann.

Und ich bin ja so gespannt, wie das dann alles laufen wird. Klar, Elternzeit macht sie nicht, nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mutterschutz. Und sie wird die Hilfe von Oma und Opa sowie von Krippen in Anspruch nehmen. Gibt es also in Berlin echt Krippen, die acht Wochen alte Babys aufnehmen? Doll.
Ihr Kerl könnte natürlich Elternzeit machen, der ist ja nur so’n Staatssekretär, da gibt’s ja viele von, der könnte doch schön daheim bleiben. Stelle ich mir richtig klasse vor, wie er seiner Frau den kleinen Fratz dann zum stillen in die Bundestagssitzung bringt. Ob Frau Schröder da dann öffentlich stillt oder doch lieber g’schamig auf der Toilette?

Und ich bin ja auch mal gespannt, ob Frau Schröder auch monatelang nach einem Krippenplatz suchen muss (vermutlich nicht, wer würde es wagen, Madame Familienministerin aufzufordern, sich in eine Warteliste einzutragen...) und wenn sie dann einen hat, wie sie mit dem Krankenstand ihres Kindes im ersten Krippenjahr umgehen wird. Ich bin mir sicher, was die Vereinbarkeit von Kind und Karriere angeht, können wir von Kristina Schröder alle noch was lernen.

Vielleicht fallen ihr ja nach einiger Zeit als Mutter noch andere Sachen ein, die man für Familien in Deutschland ändern könnte als ausgerechnet die Quote der männlichen Erzieher in Kitas zu erhöhen oder einen Boys Day einzuführen.

Sonntag, 16. Januar 2011

Guten Tag, ich will mein Leben zurück!

Vor einiger Zeit war ich in einem Drogeriemarkt Zeuge, wie ein relativ verzweifeltes Elternpaar versuchte, ihre schreiende Tochter zu beruhigen. Die Kleine hatte sich aber scheinbar schon in Rage geschrien und so waren alle Versuche, ob mit gutem Zureden, streicheln oder Schnuller vergebens.
Dann ging ein weiteres Paar an mir vorbei, der Mann rollte mit den Augen und sagte dann mit deutlich verächtlicher Stimme: „Kinder sind doch wirklich was Tolles!“

Ja, und da stimmte ich ihm doch sofort, allerdings ohne Ironie und Verächtlichkeit, zu. Allerdings gebe ich offen zu, dass ich, als ich noch kein Kind hatte und jünger war, wohl oft ähnlich von schreienden Kindern genervt war.

Kinder sind toll und irgendwie eigentlich auch das, was am Ende der Tage wirklich zählt. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Erlebnisse, wo mir der Song „Die Reklamation“ von „Wir sind Helden“ nicht mehr aus dem Kopf geht.

So zum Beispiel gestern Vormittag gegen 11 Uhr. Ich kam gerade mit meinem Sohn vom Einkaufen zurück und versuchte ihn mit Engelszungen dazu zu bringen, schneller als einen Schritt pro Stunde zu gehen, eine Geschwindigkeit, die sich dadurch ergibt, dass er jeden, aber auch wirklich jeden Stein auf dem Weg genauestens betrachten muss. Ich hatte schlecht geschlafen, im Gegensatz zu meinem Sohn, der nach zehn Stunden Schlaf höchst erquickt gegen 6 Uhr morgens aufgewacht war und irgendwie wenig davon hielt, dass Mama noch schlafen wollte. Dementsprechend war ich müde, genervt und angespannt, zumal ich an diesem Wochenende Strohwitwe war (der beste aller Ehemänner war auf einem Berlin-Trip mit einem Freund).

Da kam mir ein junges Paar entgegen. Händchenhaltend, sie hielt in der anderen Hand eine Brötchentüte, schlenderten beide den Weg entlang und sahen sowohl außerordentlich ausgeruht als auch höchst entspannt aus. Ich nehme einfach mal an, sie haben erstens die Nacht durchgeschlafen, konnten zweitens ausschlafen bis gegen 10 Uhr und haben sich dann kurz vor 11 Uhr auf den Weg zum Bäcker gemacht, um dann so gegen halb zwölf erst einmal in aller Gemütsruhe zu frühstücken. Den restlichen Verlauf ihres Tages mochte ich mir dann nicht mehr vorstellen, sonst hätte ich wahrscheinlich geweint.

Und da war sie wieder, die Textzeile: „Guten Tag, guten Tag, ich will mein Leben zurück.“ Natürlich nicht wirklich, aber manchmal stelle ich mir vor, in Ruhe Zeitung zu lesen, ohne dass eine kleine Stimme äußerst beharrlich „Buch! Buch!“ oder „Durst!“ oder „Baun’“ oder „Auuuutooooo“ sagt. Ich stelle mir vor, nachts tief und fest durchzuschlafen, ohne gegen 3 Uhr morgens vom Schrei-o-mat geweckt zu werden und senkrecht im Bett zu sitzen. Und ich stelle mir vor, morgens mal länger als bis 6 Uhr zu schlafen, ohne das jemand „Milch!“ ruft oder „Mama!“ oder mit seinem Laufwagen gegen die Schlafzimmertür bollert.

„Guten Tag, ich gebe zu, ich war am Anfang entzückt. Aber euer Leben zwickt und drückt nur dann nicht, wenn man sich bückt.“

Eine Freundin von mir sagte, Kinder sind toll und wenn man sich erstmal von dem Wunsch verabschiedet hat, ein eigenes Leben haben zu wollen, dann ist es auch egal, wie viele man hat.

Solche Gedanken gehen mir immer dann durch den Kopf, wenn ich grad mal wieder sterbensmüde bin oder zum gefühlt achthundertsten Mal „Kati, das Kätzchen“ vorgelesen habe oder in Regen und Kälte auf dem Spielplatz stehe.

Und dann passiert irgendetwas Wunderbares. Dann küsst mich mein Sohn freiwillig oder legt seine Ärmchen um meinen Hals und drückt mich oder sagt „Mami!“ und lächelt mich so bezaubernd an, dass ich ihn knutschen könnte. Und dann weiß ich wieder, was wirklich zählt und warum ich mich bis auf weiteres von einem eigenen Leben verabschiedet habe.

Freitag, 14. Januar 2011

An der nächsten Ampel sehen wir uns wieder!

Ich fahre gern Auto. Und ich fahre auch gerne zügig Auto. Manchmal etwas zu zügig, wie die Tickets für zu schnelles Fahren aus dem letzten Jahr unzweifelhaft belegen.

Aber im Vergleich zu so manch anderem Hobby-Schumi bin ich dann doch ein echter Trulli oder Yamamoto.
Da brettern einige durch die Innenstadt, mit 80 Sachen oder mehr, überholen riskant, wechseln die Spur im 10-Sekunden-Takt und ich frage mich wirklich, warum (wieder einmal höre ich die Stimme vom Göttergatten: weil sie’s können!).
Wollen die Jungs (ja, meistens sind es XY-Chromosomen-Träger…) irgendwo früher ankommen? Hat ihr Navigationssystem versagt und sie wähnen sich auf dem Nürburgring und doch ist es nur die Eiffestraße? Sind sie in eine Tube mit Sekundenkleber getreten und nun klebt ihr Schuh am Gaspedal fest?

Zeit sparen kann auf jeden Fall nicht der Grund sein, denn die meisten der Möchtegern-Vettels treffe ich in der Regel an der nächsten Ampel wieder, wo sie dann schon den Motor aufheulen lassen und sobald die Ampel von rot auf orange springt, einen gummi-fressenden Kavaliersstart hinlegen. Das könnte natürlich auch der Grund sein: die Jungs gehen so gerne Reifen shoppen!

Wie auch immer, es scheint sie glücklich zu machen, wenigstens einmal am Tag nicht der Herr Kaluppke von der Hamburg Mannheimer zu sein, sondern in ihrer kleinen Welt ein waschechter Formel-Eins-Fahrer mit einer Mördermaschine unter dem Allerwertesten. Also, lassen wir ihnen die Freude am Fahren!

Dienstag, 11. Januar 2011

Bei mir um die Ecke...

In der Nähe meines Wohnortes gibt es ein Etablissement (bitte Etablißßemäng ausgesprochen!) für alle einsamen, unglücklichen und unzufriedenen Männer, wo diese die Nähe und Wärme finden, die sie sonst so schmerzlich vermissen. Sprich, hier bei mir auf der Ecke gibt es ein Bordell.

Da ist in Hamburgs sündigem Universum mit der Reeperbahn als Fixstern und diversen kleineren Meilen und Meilchen als Trabanten nichts Ungewöhnliches und ich wohne auch nicht das erste Mal in der Nähe eines derartigen Vergnügungsortes.

Das Bordell ist noch relativ neu, die dort tätigen Damen standen vorher bei Wind und Wetter an der Straße und boten ihren Freiern Unterschlupf, ja, wo eigentlich? In ihren Autos? In Appartements in der Nähe? Ich weiß es nicht, habe mich das aber oft gefragt.

Nun, egal, jetzt gibt es ja das Bordell mit angeschlossenem Hotel und sogar barrierefrei (was man von den meisten Hamburger U- und S-Bahnstationen nicht behaupten kann…).
Alles in allem also eine gute Sache.

Was allerdings wirklich fragwürdig an diesem Etablissement ist, ist die Fassadenfarbe. Ich weiß nicht, ob es Absicht war oder ob der Farbton im nahegelegenen Baumarkt gerade im Angebot war, auf jeden Fall ist das Gebäude fleischfarben. Nicht rosa oder rosig oder so, nein, fleischfarben, so wie die Glanzleggings, die die Damen bei kühleren Temperaturen unter ihren kurzen Röcken tragen.

Finde ich nicht besonders einladend, aber ich bin ja auch kein Mann. Da finde ich den ebenfalls recht neuen und etwas mehr in Innenstadtnähe befindlichen „Loveclub“ schon ansprechender. Hier dominiert die Farbe rot und das ganze wirkt irgendwie so plüschig und 70er Jahre Rotlichtmillieu-mäßig, dass es schon wieder interessant ist.

Also, wenn ich die Zielgruppe wäre, wüsste ich schon, wo ich meine Kohle lieber loswerden würde…

Montag, 10. Januar 2011

Textinterpretationen

Ich habe meinem Sohn vor einiger Zeit einen kleinen Kassettenrecorder von Fisher Price und einige Kassetten mit Kinderliedern gekauft. Er findet den Recorder und seine Kassetten auch wirklich prima und fordert jeden Tag mehrfach „Musssik!“.

Hört man sich nun die Texte der Kinderlieder mal genauer an (was nicht ausbleibt, wenn sie jeden Tag rund um die Uhr dudeln...), fallen einem die drolligsten Dinge auf.

Da wäre zum Beispiel das allseits bekannte Lied „Anne Kaffeekanne“. Rein refrain-mäßig sowieso schon ein Knaller, geht es hier aber auch knallhart emanzipatorisch zu Sache. So soll das Mädchen Anne, welches auf seinem Besenstiel herumfliegt, gleich in mehreren Strophen zur Hausfrau am Herd degradiert werden, z.B. bei den Eskimos, den sie jeden Tag Lebertran kochen soll oder im Schwarzwald, wo sie einem strohblonden Förster die „Pantoffeln für die Tagesschau“ bringen soll.

Nix da, denkt sich Anne und fliegt „oh pardon! Auf dem Besenstiel davon, geradeaus, über’s Haus, dreimal rum und hoch hinaus!“. Und ihre Entschlossenheit zahlt sich aus. Sie lernt (ausgerechnet in Wanne-Eickel, unglaublich, wie Schicksal manchmal spielt…) einen netten Jungen kennen, den kleinen Hansi Heinemann, (der im Übrigen einsam war) der ihr eine Kaffeekanne schenkt und mit dem sie dann gemeinsam davon fliegt.

Von derartigen gleichberechtigten bzw. emanzipatorischen Ansätzen ist man in dem Lied „Tanz, tanz, Quieselchen“ meilenweit entfernt. Hier wird eine Person namens Quieselchen (über die Herkunft des Namens dürfen gerne noch etymologische Forschungen angestellt werden) unter in Aussichtstellung eines neues Kleides, eines Pferdes und eines Hauses zum Tanzen aufgefordert. Jedoch lösen weder Kleid noch Pferd noch Haus bei Quieselchen auch nur den geringsten Tanzimpuls aus. Erst als ihr fürs Tanzen ein Mann versprochen wird, da tanzt sie, was sie kann. Erschütternderweise hat also die Torschlusspanik auch Einzug in das Kinderliedgut gefunden…

Um die Verständnislosigkeit eines Vaters gegenüber der Lebensweise seines Sohnes (ein Thema, so alt wie die Welt…) geht es in dem Lied über den „Kleinen Fuchs Karl August“.
Karl August ist sehr zum Leidwesen seines Vaters Vegetarier und zieht Brote, dick mit Nougatcreme bestrichen, einem saftigen Gänsebraten vor. Dies erträgt der Vater gar nicht und schickt seinen Sohn an einem Tag sehr entschlossen zum Bauern, damit er dort mal nach den Gänsen sieht (was, wenn man es mal nüchtern betrachtet, eine verkappte Aufforderung zum vorsätzlichen Gänsemord ist). Nun ist Karl August aber ein pfiffiges Kerlchen und nutzt die verklausulierte Mord-Aufforderung seines Vaters in seiner eigenen, freien Interpretation. Er sieht tatsächlich nach den Gänsen und lässt sich von ihnen nicht nur zehn Brote mit Nougatcreme schmieren, sondern auch noch sechs Federn schenken. Die Federn im Mund kehrt er zu seinem Vater zurück, der ihn mit einem erleichterten „Mein Sohn, Du bist gesund!“ empfängt.

Aber nicht alle Liedtexte sind derartig gehaltvoll und inhaltsreich und packen wirklich heiße Eisen an. Besondere Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang das Lied „Der Joghurt und der Quark“. Beide Molkereiprodukte gingen in den Park und dort kommt der Quark auf die Idee, gemeinsam nach Frankfurt zu reisen, eine Idee, die vom Joghurt außerordentlich positiv aufgenommen wird. Das Lied endet dann unerwarteterweise mit einer eindeutigen Werbebotschaft und fordert den Konsumenten auf, doch Joghurt und Quark zu kaufen, die (Originalzitat!) „sind billig und schmecken gut!“. Hier stellt sich doch wirklich die Frage, ob eigentlich alle Werber immer noch koksen (das ist soooo 80er...).

Man sieht, der Kauf des Kassettenrecorders nebst Kassetten hat sich wirklich gelohnt, nicht nur für das Entertainment meines Kindes, nein, auch für ein paar Textinterpretations-Spielereien der Mutti… ☺

Montag, 3. Januar 2011

St. Pauli ist die einzige Möglichkeit

Manche hier in Hamburg denken, St. Pauli sei einfach nur ein Stadtteil von vielen, vielleicht ein bisschen abgerockter, wilder und gefährlicher als die anderen Stadtteile (nun, wer das denkt, war noch nie in Steilshoop…).

Weit gefehlt. St. Pauli ist das politische und moralische Gewissen Hamburgs, wenn nicht sogar der ganzen Bundesrepublik. Kein politisches oder zumindest heiß umstrittenes Thema, zu dem die St. Paulianer nicht ihren Senf abgeben, zumeist in Form von auf die Häuser der Hafenstraße gesprayte oder sonst wie applizierte Parolen.

„St. Pauli ist die einzige Möglichkeit!“ Dieser selbstbewusste Spruch dreier Fans des 1. FC St. Pauli prangt auf einer der Fassaden entlang der Hafenstrasse. Bezieht sich diese Parole in erster Linie natürlich auf den Fussballclub, so birgt sie doch auch den Stolz der St. Paulianer, gerade hier zu leben und nirgendwo anders.
Dann ist da noch die Parole „Deutschland, halt’s Maul!“, deren Bedeutung sich mir nie so recht erschlossen hat…
Deutliche Stellungnahmen zum Stromanbieter Vattenfall sind klar, ebenso ein Klassiker unter den politischen Parolen: „Kein Mensch ist illegal!“. Natürlich gibt es auch Kommentare zur Fragwürdigkeit des Kapitalismus und zum Wert der arbeitenden Klasse.
Bei dem Spruch „Komm in die Gänge“ am Fuße des Golden Pudel Club hat es etwas gedauert, bis ich auf den Zusammenhang mit dem Hamburger Gängeviertel gekommen bin, dessen Erhalt derzeit zur Disposition steht.

An jedem Haus kleben Flugblätter (in der Szene auch Flugis genannt...), die zu Demonstrationen für diverse Themen und gegen unsägliche Mißstände aufrufen.

Nun hat ja politisches Bewusstsein auf St. Pauli durchaus Tradition, man denke nur an die Hausbesetzerszene in der nun schon mehrfach erwähnten und berühmt-berüchtigten Hafenstrasse, die allerdings mittlerweile samt ihren Häusern zur Touristenattraktion geworden ist. Und auf dem Kiez wurden Regeln von jeher kräftig gegen den Strich gebürstet, wurde falscher Moral und verkrusteten Konventionen schon immer kräftig in den Allerwertesten getreten. Und irgendwie stimmt man den St. Paulianern auch in den meisten ihren Protestthemen zu.

Wenn es z.B. um Themen wie die Neugestaltung des Bernhard-Nocht-Quartiers geht, wo aus Altbauwohnungen entweder durch Sanierung oder durch Plattmachen und Neubauen schicke, neue Yuppie-Luxus-Eigentumswohnungen entstehen sollen, die für die alteingesessenen St. Paulianer (und für jeden anderen, der sein Geld nicht als Art Director oder Banker verdient) schlicht unbezahlbar sind, ist es absolut nachvollziehbar, dass der Kiez sich lautstark zu Wort meldet und dagegen protestiert.

Aber manchmal ist es ist halt wie mit dem guten Freund, den man echt mag, der aber immer alles besser weiß und zu allem und jedem seinen Kommentar abgeben muss und dessen Selbstgefälligkeit einem ziemlich oft auf den Keks geht.