Schön, dass Du vorbei schaust...

Hallo und herzlich Willkommen in meiner Welt!
Hier schreibe ich über die Dinge, die ich so erlebe, Lustiges, Kurioses, Ärgerliches... Über all das, was jedem von uns jeden Tag im Alltag widerfährt und wo man vielleicht denkt, wieso schreibt da eigentlich nicht mal einer drüber?
Was ich schreibe, kann man gut finden, muss man aber nicht. Kann man kommentieren, muss man aber nicht. Frei nach dem Motto: Alles geht, nichts muss.

In diesem Sinne: viel Spaß!
Deine Violet

Freitag, 24. September 2010

Sage mir, wo Du wohnst und ich sage Dir, wer Du bist!

Hamburg ist eine Weltstadt. Das Tor zur Welt mit seinem Hafen, Metropolregion. Weltoffen, modern, liberal.

So sagt man. Ist aber totaler Quatsch. Hamburg ist ein Konglomerat von Stadtteilen und Kiezen, die miteinander wenig zu tun haben und dies auch nicht wirklich wollen. Denn der Hamburger bleibt da, wo er wohnt. Wo er seinen Kiez hat. Dort wird eingekauft, ausgegangen, dort leben alle Freunde und das gesamte soziale Netzwerk, dort gehen die Kinder in den Kindergarten und zur Schule und dort trifft man sich auf den Spielplätzen.

Die Menschen sind in der Regel ziemlich stolz auf ihren Stadtteil und würden sich eher drei Wochen lang kopfüber irgendwo aufhängen lassen, als in einen anderen Stadtteil umzuziehen. Ja, es fällt ihnen teilweise schon schwer, den Stadtteil zu verlassen, weil sie in einem anderen Stadtteil arbeiten (ist unwahrscheinlich, kann aber passieren) oder dort ein Geschäft mit Dingen ist, die es auf ihrem Kiez nicht gibt (auch unwahrscheinlich, zumal die Anpassungsfähigkeit enorm groß ist und lieber nach einem auf dem Kiez vorhandenen Alternativprodukt gesucht wird).

Wenn es dann aber doch mal passiert, dass, sagen wir mal, der eingefleischte St. Paulianer seine Komfortzone verlassen muss, fremdelt er doch sehr und fühlt sich derartig unwohl, dass er die Abwesenheit von daheim so kurz wie nur irgend möglich hält.

Natürlich gibt es so was wie assoziierte Stadtteile, also Stadtteile, in die man, wenn man denn den eigenen verlassen muss, eher geht als in andere. Da wird dann zwar auch gefremdelt, aber nicht ganz so stark und man hält es ein wenig länger aus. Sprich, der Winterhuder erträgt die Abwesenheit aus seinem Stadtteil am besten in Eppendorf, gegebenenfalls noch in Eimsbüttel und der Altonaer kann in Ottensen und Bahrenfeld noch einigermaßen frei atmen.
Aber der Ausflug in einen gaaaanz weit entfernten und wohlmöglich in den Norden oder Osten der Stadt wie zum Beispiel nach Barmbek oder Wandsbek löst Panikattacken aus (nicht umsonst gibt es das geflügelte Wort: „Wandsbek, Hamm und Horn schuf der Herr im Zorn…“).

Nein, da ist man schon eigen. Und man zeigt auch seine Zugehörigkeit zu seinem Stadtteil, in dem man die entsprechende Uniform des Kiezes trägt.

In Winterhude und Eppendorf ist das die Bluse oder das Hemd von Ralf Lauren, gerne zart gestreift, der Pagenkopf oder der Pferdeschwanz für die Damen, vorzugsweise in blond, Schuhe von Tods oder Lumberjacks (ja, tatsächlich, es gibt sie noch, ein Relikt der 80er Jahre…), der sogenannte Sylter Kringel, ein locker um die Schultern geschlungener Pullover und das Polohemd mit dem hochgestellten Kragen. Eingekauft wird ausschließlich in den kleinen Boutiquen im Stadtteil, wozu woanders hinfahren, hier gibt es ja alles für die Uniform.

In Altona, Ottensen und Bahrenfeld kommt man eher alternativ gestylt daher, also in mit umweltfreundlichen Naturfarben gefärbter kbA-Baumwolle, Birkenstocks oder Outdoor-Sandalen, Shorts und Hosen aus Leinen-Baumwollmischungen in khaki, beige oder matt dunkelblau, weit geschnitten für die Damen, etwas schmaler geschnitten für die Herren. Man kauft ein bei Hess Natur oder Maas, natürlich auch für die Kleinen! In diesen Stadtteilen sieht man auch verstärkt Tragetücher für die Babys, ist irgendwie natürlicher und ursprünglicher als die Tragegurte (die, wenn man die dann aber doch nutzt, von Ergo-Carrier, Manduca oder Bondolino stammen, natürlich auch aus kbA-Baumwolle, klar!).

Auf St. Pauli, im Karoviertel und in der Schanze läuft man eher grungig durch die Gegend. Sprich, man muss dem Kleidungsstück ansehen, dass es schon einiges erlebt hat. Daher wird auch eigentlich nur im Secondhandladen, auf dem Flohmarkt oder im Kilo-Shop vom Roten Kreuz gekauft. Je schrammeliger desto besser. Man wohnt in kleinen, zugigen Altbauwohnungen mit defekten Heizungen und abgerockten Treppenhäusern, denn nur so kommt ein wenig „Hafenstraße-Feeling“ auf und das muss sein.
An dieser Stelle muss man allerdings sagen, dass die Schanze sich gerade in einem Umbruchprozess befindet und sich sozusagen zwischen die Stühle gesetzt hat, denn es ziehen zunehmend die von der alternativen Szene so verhassten Yuppies in die neugebauten Eigentumswohnungen, um dann mit ihrem ihren Nachwuchs im Bugaboo-Kinderwagen zu den teuren und mit alternativen Touch versehenen Kinderboutiquen wie „Zaza“, „Lille Folk“ und dem „Nasenbär“ zu fahren.

Eimsbüttel und die angrenzende Hoheluft waren Studiviertel, sind Studiviertel und werden auch immer Studiviertel bleiben. Hier ist Hamburg tatsächlich noch am weltoffensten, denn wer hier wohnt, tut dies in der Regel nur vorübergehend, nämlich solange er studiert. Er kommt von woanders und geht nach dem Studium wieder, also sind seine Berührungsängste bezüglich anderer Stadtteile noch am geringsten.
Allerdings kann es natürlich passieren, dass er in Hamburg hängen bleibt. Dann tritt der Kiez-Effekt über kurz oder lang ein und er wird Eimsbüttel nie wieder verlassen, höchstens in Richtung Hoheluft.

Und so hat jeder der 105 Hamburger Stadtteile seinen Kiezeffekt mit seinen Menschen und ihren Eigenheiten. Ist man zugereist, wundert man sich am Anfang und schmunzelt vielleicht auch ein bisschen. Aber es dauert meist nicht lange, bis der Borg-Effekt eintritt: „Sie wurden assimiliert!“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen